Am 19. Oktober dieses Jahres wurde eine Zeremonie im
Bang Kwang Central Gefängnis, der größten Strafanstalt Thailands
abgehalten, um das Ende der Todesstrafe durch Erschießen das während der
vergangenen 68 Jahre durchgeführt wurde, zu markieren.
Sträflinge, die zum Tode verurteilt sind, und auf den
Vollzug des Urteils warten, werden fortan durch die Todesspritze
hingerichtet werden. Dieser Wechsel in der Vollstreckung der Todesstrafe
steht in Übereinstimmung mit dem Ergänzungsparagraphen im Kriminalgesetz
(Criminal Code), der am 19. Oktober 2003 in Kraft trat.
Die buddhistische Zeremonie begann damit, dass vier
Mönche ein Gebet für die 319 Sträflinge sprachen, die durch Erschießen,
im vorerwähnten Zeitraum, exekutiert wurden.
Der Anführer des Erschießungskommandos übergab im
Anschluss an das Gebet offiziell die Pflicht der Vollzugsverantwortung der
Todesstrafe durch die Todesspritze an das neue „Todeskommando".
Bei den Waffen, die vom Todeskommando seit 1984 bis
heute benutzt wurden, handelte es sich um in Deutschland hergestellte,
halbautomatische Gewehre, Typenbezeichnung Hecker & Koch MP5 9mm, die
nun unter Verschluss im Waffenraum des Gefängnisses aufbewahrt werden.
Der „Hinrichtungspfahl" wurde im Gefängnismuseum eingelagert.
Die Feierlichkeiten wurden ebenfalls durchgeführt, um
die Seelen der 319 hingerichteten Sträflinge zu „befreien", was
mit 319 hochsteigenden Ballons symbolisiert wurde.
Gemäß Presseberichten über die Zeremonie, war die
Hinrichtungsstätte mit vielen farbigen Ballons dekoriert, mit der Absicht,
so eine lebendige Atmosphäre zu kreieren und die feierlichen Gefühle,
die über der Hinrichtungsstätte schwebten, zu unterstreichen. Pittaya
Sangkhanakin, der Gefängnisdirektor, teilte mit, dass es sich bei den 319
hingerichteten Sträflingen um 316 männliche Insassen inklusive eines
politischen Strafgefangenen und 3 Frauen gehandelt habe. Der letzte
Sträfling, der hingerichtet wurde, war Sudjai Chanai, für die Straftat
des Totschlages und den Verstoß gegen das Waffengesetz (Firearms Act).
Zur Zeit warten 31 Insassen der Strafanstalt in den
Todeszellen auf ihre Hinrichtung durch die Todesspritze. Nicht
eingeschlossen dabei sind die Fälle, in denen die Sträflinge Berufung
beim Obersten Gericht (Supreme Court) eingelegt oder um eine Königliche
Begnadigung nachgesucht haben.
Bis heute waren in Thailand zwei Vollstreckungsarten
der Todesstrafe im Einsatz, Erschießen durch das Todeskommando oder die
Enthauptung. Die letzte Enthauptung wurde im Jahre 1935 vollzogen. Der
Gefängnisdirektor erklärte, dass die Hinrichtung mittels Todesspritze
ohne Gewalttätigkeit oder Blutvergießen erfolgt und deshalb „humaner"
sei.
„Wenn sich unsere Gesellschaft weiter verbessert,
hoffen wir, dass auch in Thailand die Todesstrafe abgeschafft und als
höchstes Strafmass eine lebenslange Haftstrafe im Gesetz verankert wird",
führte der Gefängnisdirektor weiter aus.
Die Strafvollzugsbehörde baut zur Zeit ein modernes
Gebäude, in dem die Hinrichtungen durch die Todesspritze erfolgen werden.
Das Gebäude soll in 3 Monaten bezugsbereit sein.
Ein Vollstrecker des Erschießungskommandos, mit 30
Dienstjahren und 55 Exekutionen ein Veteran ist, sagte aus, dass er sich
befreit fühle nun nicht mehr den Abzug auslösen zu müssen. Er erklärte
weiter, dass seine „Arbeit" sehr schwierig und stressvoll war, und
hofft dass er für die verbleibenden 5 Jahre, bis zu seiner Pensionierung,
eine friedvollere Arbeit zugewiesen bekomme. Er ergänzte seine Aussage
mit den Worten:„Ich fühle, ich habe zu viele Sünden begangen und
wünsche daher Wiedergutzumachung zu Gunsten der Sträflinge zu leisten,
die ich hingerichtet habe, auch wenn es nur für meinen eigenen
Seelenfrieden dient."
Eine Statistik der Strafvollzugsbehörden zeigt auf,
dass per 6. Oktober 2003 in Thailand insgesamt 974 Gefängnisinsassen (851
Männer und 123 Frauen) in den Todeszellen ausharren und auf ihre
Aburteilung warten. Aus der Statistik ist ersichtlich, dass davon bereits
725 Insassen (615 Männer und 110 Frauen) durch die Vorinstanz-Gerichte
zum Tode verurteilt worden waren und nur noch die Urteilsbestätigung des
Berufungsgerichtes aussteht. Weitere 181 Gefangene (173 Männer und 8
Frauen) warten auf den definitiven Urteilsspruch des Höchsten Gerichtes
und 68 Insassen (63 Männer und 5 Frauen) hoffen auf eine Königliche
Begnadigung, wie es die Gesetzgebung zulässt.
Diese Zahlen sind schockierend. Die meisten Fälle, 696
Sträflinge (582 Männer und 114 Frauen), stehen im direkten Bezug zu
Drogendelikten.
Anfangs Oktober hat in Brüssel eine Internationale
Parlamentarier-Konferenz stattgefunden, mit dem Ziel, die Regierungen der
einzelnen Länder aufzufordern, die Todesstrafe abzuschaffen.
Es herrschte große Übereinstimmung über die
weltweite Abschaffung der Todesstrafe unter Aufführung von zwei Gründen:
1. Aus religiöser Sicht (gleich welcher Religion) ist
das Töten eines menschlichen Wesens eine Sünde.
2. Aus Sicht der Menschenrechte ist das Töten eines
menschlichen Wesens ein Verstoß gegen das Recht zu leben.
Und in bezug auf die Wirksamkeit (Abschreckung) kann
die Todesstrafe die Gesellschaftsordnung nicht ändern, noch kann sie
Probleme lösen.
Auch der Vollstrecker fühlt sich sündig und unwohl in
der Rolle des Vollstreckers von Hinrichtungen.
Viele Thais gehen mit den Aussagen des
Gefängnisdirektors Pittaya Sangkhanakin konform, dass, wenn sich die Thai
Gesellschaft auf einen Stand entwickelt, wo die Todesstrafe überflüssig
wird, eine lebenslange Haftstrafe als Höchststrafmaß die Todesstrafe
ablösen soll, wie es in vielen zivilisierten Ländern praktiziert wird.