Sie heißen „Asphalt" oder „Hinz & Kunz(t)"
– sie sind an keinem Kiosk zu haben und sie sind zur Zeit die begehrtesten
Zeitungen der Republik. Werden sie Obdachlosen, die diese speziellen
Gazetten verkaufen, sonst vielleicht gerade mal ein bis zwei Exemplare pro
Stunde in der Kälte stehend los, werden ihnen die neuen Novemberausgaben
geradezu aus den Händen gerissen.
Nicht, dass sich plötzlich das Gewissen der Nation regte
oder gar Interesse an der Situation der Berber erwacht wäre. Nein, nein. In
den meisten dieser Obdachlosen-Zeitungen ist das erste Kapitel des neuen
Harrry Potter-Bandes auf deutsch abgedruckt, gut zwei Wochen vor Erscheinen
der deutschen Buchausgabe. Und alle, die des Englischen nicht mächtig sind,
befriedigen die Neugier schon ein bisschen
Die Idee, den Zeitungen zu mehr Aufmerksamkeit zu
verhelfen, hatte der Carlsen Verlag, bei dem Harry Potter hierzulande
erscheint. Und nur eine Redaktionscrew verweigerte sich dem „PR-Gag",
die Macher des Münchner „Biss". VerkäuferInnen derselben sind
entsprechend sauer.
Pikiert sind auch die Raucher, wenn sie in diesen Tagen
eine neue Schachtel blauen Dunst erwerben. Denn ähnlich wie in Thailand
steht jetzt auch auf jeder hiesigen Schachtel in großen schwarzen Lettern:
„Rauchen kann tödlich sein", Rauchen macht impotent", „Rauchen
lässt ihre Haut altern"… Doch statt erschreckt die Kippe fallen zu
lassen, wird trotzig und mit Humor weiter gequalmt.
Nach dem Motto: Die ständige Sorge um die Gesundheit ist
auch eine Krankheit (Plato) entstaubt der Snob sein silbernes Schmucketui
wieder. Weniger Betuchte erstehen aus großer Auswahl witzig bedruckter
Pappmanschetten, die über die Packung geschoben wird. Fast noch netter sind
originelle Sprüche, die man sich format-passend für jede Packungsgröße
aus dem Netz laden (www. rauchergedicht.de) und aufkleben kann, wie „Arbeiten
schadet der Gesundheit" oder „Vorsicht, Rauchen verkürzt das Leben
Ihrer Zigarette".
Die Raucher müssen es mit Humor tragen, denn sonst
könnte die gerade erhöhte Tabaksteuer nicht länger Löcher stopfen. Und
das, wo Hans Eichel gerade das neueste Rekord-Defizit von 43,4 Mrd. Euro
für dieses Jahr verkündet hat. Es will einfach nix klappen von den
Geldideen, die Berlin so scheinbar findig erfindet. Besonders das moderne
Raubrittertum Namens „LKW-Maut" entwickelt sich zu einem
Riesen-Desaster.
Eigentlich sollte es nächste Woche losgehen mit dem
fröhlichen Geklimper in die Staatskasse. Doch das ganze
satellitengestützte Einzugssystem funktioniert überhaupt nicht – und es
ist auch nicht klar, wann sich das ändern könnte. Die Betreiberfirma (u.a.
beteiligt sind Siemens und die Telekom) heißt übrigens Toll Collect –
und manche fragen sich schon, ob sie vielleicht in einem Tollhaus residiert…
Eine kleine Lokalposse im bundesweiten Kopftuchstreit
lieferte diese Woche die sterbende Schill-Partei in Hamburg. Während der
Rest der Republik erbittert darüber streitet, ob
Lehrerinnen deutsche Schüler nun mit einen Tuch überm
Haar unterrichten dürfen, griffen die schillernden Rechten mal wieder
radikal daneben – und beantragten, gleich jegliche religiöse Symbole aus
dem Klassenzimmer zu verbannen. Dann dürfte dort bald auch kein
Adventskranz mehr brennen…
Nur ungern schlugen sich die Hanseaten mit diesem
Ausrutscher herum, schließlich wollten sie sich doch letzte Woche nur im
Glanz der großen weiten Welt sonnen. Denn unweit der Alster wurde auch noch
der World Award verliehen. Was der für einen tieferen Sinn hat, erschloss
sich wohl nur den Veranstaltern. Doch alle eilten herbei. Gorbatschow als
Präsident der Veranstaltung und auch die vielen Preisträger in spe,
darunter Lech Walensa, Christopher Reeves, Jan Ulrich, Cat Stevens und
Siegfried (ohne Roy, der ja nach seinem Tigerbiss noch in einer Las-Vegas-Klinik
liegt). Übrigens: Wenn sich Ihnen bei der Mischung der Preisträger ein
Sinn erschließt, lassen Sie es mich doch bitte wissen.