Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Werden wir unser Handelsabkommen beeinflussen?

Die Verfassung (Sektion 66) verpflichtet alle Thaibürger, die Nation, den König und die demokratische Regierung zu schützen, mit dem König als Staatsoberhaupt. Da die Regierung das Land nach eigenem Gutdünken regieren kann, stellt sich die Frage, ob Bûrger/innen das Recht haben, der Regierung zu widersprechen.

Wenn das Volk eine andere Meinung als die Regierungsmächtigen hat, muss man deshalb davon ausgehen, dass das Volk sein Land nicht liebt, oder versagt hat seine verfassungsmäßigen Pflichten zu erfüllen?

Im Falle wo die Regierung für Thailand einen bindenden Vertrag mit einem andern Land, mit einer höheren landwirtschaftlichen Produktionskapazität eingeht, und ein solches Vertragswerk negative Folgen für die Thai Bauern haben wird und demzufolge die Thai Bauern, unterstützt von gleichgesinnten Akademikern, ihren Unmut kund tun, ist das ein Zeichen von mangelnder Liebe zum Vaterland?

Das zuständige Komitee des Senates für ausländische Angelegenheiten hat kürzlich über die abgeschlossenen Freihandelsabkommen mit China und Indien und den in Vorbereitung stehenden Abkommen, wie z.B. mit der USA, Australien, Bahrain und Japan, debattiert.

Das Komitee ist betroffen, dass das Volk, ebenso wie viele Senatoren, über die Details dieser Abkommen nicht vorgängig informiert wurden. Die Details dieser Abkommen wurden erst nach Unterzeichnung veröffentlicht.

Die schmerzhaften Auswirkungen, der durch die Regierung eingegangenen Vereinbarungen mit dem IMF (Internationaler Währungsfond) sind immer noch in bester Erinnerung, eine Vereinbarung, von der das Volk nichts wusste. Erst als das Land in eine totale Finanzkrise schlitterte, erfuhr das Volk die volle Wahrheit über die eingegangenen 11 sogenannten Sklavenverträge (Knüppelverträge) mit dem IMF.

Was die Freihandelsabkommen anbetrifft, die Thailand mit China, Indien, der USA und andern Ländern abgeschlossen hat oder abschließen wird, wurde das Volk nur insofern informiert, dass es sich dabei um Länder mit großen Märkten und einem Milliarden-Konsumentenpotential für Thai Produkte handle und den Thai Bauern dadurch die Möglichkeit öffne an diese Länder, mehr Reis, Tapioka und Lohngans zu verkaufen.

Die Regierung vermittelte den Eindruck, als ob diese Länder zukünftig die Überschüsse landwirtschaftlicher Produkte aufkaufen würden. Mit keinem Wort wurde erwähnt, dass diese Länder selber über enorme Produktionskapazitäten (Überkapazitäten) verfügen, die jene Thailands um ein vielfaches übersteigen, und deshalb ein permanentes Risiko von eigenen Überschüssen in diesen Ländern besteht, die abverkauft werden müssen.

Ebenso wird nirgends erwähnt, dass den Bauern der Länder, mit denen Thailand Freihandelsabkommen abgeschossen hat, von ihren Regierungen großzügige Subventionen und „Hi-Tech"-Hilfen erhalten, und diese dadurch mühelos die Konkurrenzfähigkeit der Thaibauern mit ihren Produkten untergraben können.

In der Verfassung ist festgehalten, dass das Volk an Entscheidungen beteiligt werden soll und verfügt, dass die Regierung von dieser Regelung Gebrauch machen sollte (Sektion 56 und 76). Die Regierung hat jedoch dazu geschwiegen und das Informationsrecht in Angelegenheiten mit denen sie beschäftigt ist, an die Kandare genommen und dies nicht nur gegenüber dem Volk. Auch gewählte Senatoren haben keine Chance sich zu äußern oder gar ein Mitspracherecht in jeglicher Entscheidungsfindung zu erhalten.

Trotz dem in der Verfassung verankertem Recht auf Information, kann die Regierung Sicherheitsgründe aufführen, um ihr Stillschweigen zu rechtfertigen. Das Volk erfährt von solchen Geschäften erst wenn sie vom Staat besiegelt sind, aber nur jene Leute, die von Regierungsbeamten ausgewählt werden.

Was können Volksvertreter tun um die Administration der Regierung zu überwachen?

Gestützt auf die Verfassung können sie eine Motion einreichen. Das soll aber nicht heißen, dass sie für Angelegenheiten, die von der Regierung als „sensibel" klassiert sind eine Antwort erhalten werden.

Sie können im weiteren versuchen eine Debatte im Senat zu lancieren, dazu benötigt es jedoch eine drei Fünftel Mehrheit (120 Stimmen) des Senates.

Die Verfassung gibt der Regierung viele Möglichkeiten um guten Willen und Verständnis unter der Bevölkerung zu kreieren.

Wenn die Regierung der Ansicht ist, dass ein Regierungsgeschäft Nationale- oder Volksinteressen beeinflussen könnte, kann der Premierminister, nach eigenem Ermessen, die Führer des Parlamentes konsultieren, mit der Absicht, in der „Government Gazette" einen Aufruf für ein Referendum zu publizieren. Eine solche Publikation hat jedoch bloß die Wirkung eines Rates an den Staat in der besagten Angelegenheit (Sektion 214).

Ist es nicht höchste Zeit, dass den Staatsbürgern/innen in Thailand endlich erlaubt wird, in Sachen die ihre vitalen Interessen beeinflussen, und gestützt auf die Grundsätze demokratischer Ideologie, ein Mitspracherecht einzuräumen?