Vorher – Nachher

Wer kennt sie nicht, die Zeitschriften, die Bildberichte bringen von Frauen, wie sie vorher aussehen und schlussendlich nachher. Ich rede von den gängigen Verschönerungen, die an Damen durchgeführt werden, die anscheinend selbst nicht wissen, was ihnen nun gut steht und was nicht.

Manchmal, wenn ich mir das alles durchlese und die Fotos – vorher, nachher – betrachte, muss ich lächeln. Zugegeben, meist sehen die Damen nachher hübscher und attraktiver aus. Allerdings bei manchen denke ich mir, dass sie lieber so geblieben wären, wie sie vorher waren, da es den Verschönerungskünstlern zwar gelang, einen anderen Typ aus ihnen zu machen, aber sie keinesfalls verschönert haben. Die, von ich hier spreche, haben ihre Ausstrahlung irgendwie verloren und wirken nun wie eigentlich alle anderen in den Modemagazinen.

Eigentlich habe ich mir auch oft gedacht, dass ich das einmal ausprobieren möchte. Aber irgendwie hatte ich nie die richtige Gelegenheit die richtigen Stellen anzusprechen und vor allen Dingen nie Zeit genug übrig in Europa.

Also habe ich es hier in Thailand einmal vor einer kleinen Ewigkeit ausprobiert. Ich überließ mich den Händen einer Kosmetikerin, denn Visagistinnen gab es damals noch nicht in Thailand, oder mir waren wenigstens keine bekannt. Ich schloss die Augen und genoss die Gesichtsmassage und all die Streicheleinheiten, wie Nackenmassage usw. Dann ging es ans Schminken. Ich hatte auch hierbei meine Augen geschlossen und ließ das eifrige Mädchen an mir herumhantieren. Sie benutzte alle möglichen Pinselchen und Wattestäbchen, Schminkstifte und viel, viel Puder.

Als sie fertig war, durfte ich mich aufsetzen. Ich traute meinen Augen nicht. Vorher war ich eine Blondine gewesen mit relativ hellen Augenbrauen. Jetzt hatte ich zwar immer noch meine blonden Haaren, allerdings waren meine Augenbrauen nun schwarze Balken, mein Gesicht leichenblass mit Lippen, die viel zu schmal und zu hell geschminkt waren und ohne die Konturen zu betonen. Ich stieß einen leisen Schrei aus und die Kosmetikerin fragte mich verzückt, ob es mir denn auch so gefalle wie ihr. „Suey", sagte sie ein ums andere Mal und ich hatte das Empfinden, dass sie es etwas anders betonte als sonst, was eigentlich auch meiner eigenen Meinung entsprach, denn dann bedeutet dieses Wort das genaue Gegenteil.

Meine Haare kamen auch noch dran. Sie fabrizierte aus meinem Narturlocken etwas, das eng an meinen Kopf angeklatscht war und keinesfalls dem entsprach, was zu mir passt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings schon die Nerven verloren und den Geist halb aufgegeben.

Beim Bezahlen gab ich dem Mädchen ein großzügiges Trinkgeld, damit sie sich nicht schlecht fühlte, als ich, bevor ich den Laden verließ, zum Handwaschbecken ging, mir das Gesicht mit Seife abwusch und die Haare nass machte. Dann lächelte ich sie an und fragte: „Suey"?

Ich brauche nicht zu erwähnen, dass ich nie wieder den Versuch machte, mich hier in Thailand verschönern zu lassen, denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass, obwohl sie ihre Landsfrauen supertoll schminken können, sie noch nicht den richtigen „touch" draufhaben, was den hellhäutigen Europäerinnen gut steht.

In meinem Falle war das Nachher mit Sicherheit besser. Das Nachher nach dem Abschminken nämlich.