Einfach tierisch

Einfach tierisch: Der 6. Sinn des Pferdes

Kann ein Pferd Gedanken lesen?

Willi Netzer erzählt über Pferde

Wenn man jahrelang täglich mit Pferden arbeitet und mit manchen davon sehr intensiv, kommt man früher oder später zu der Überzeugung, dass zumindest manche Pferde die Begabung haben, gewisse Absichten des Reiters von vorneherein zu kennen. Dies hatte sich vor kurzem wieder bei einem meiner Pferde bestätigt.

Ich hatte vor nicht langer Zeit einen Wallach von der Rennbahn gekauft. Erst 6-jährig hat er natürlich noch einige altersbedingte Mucken. Eine davon war, beim Angaloppieren im Viereck einen Buckel zu machen. Das Interessante daran war, dass er nach einer gewissen Zeit den Buckel dann oft schon machte, wann immer ich den Entschluss fasste zu

galoppieren.

Ein ähnlicher Zwischenfall gab es mit unserem Hund, der sich immer gerne in den weichen Sand der Arena legte. Dies hatte früher oder später zur Folge, dass er von einem Pferd getreten wurde. Ich muss sagen, dass es Tage gibt, an denen mich der Hund überhaupt nicht stört. Wenn er mich stört, weiß es der Wallach und macht einen Satz, sobald er in die Nähe des liegenden Hundes kommt.

Man kann jetzt wirklich spekulieren, woher das Pferd die Information über meinen Gemütszustand und damit meine Gedanken bekam. Verschiedene Fachleute, die sich mit der Psychologie des Pferdes befassen, vertreten die Auffassung, dass die Muskeln des Reiters bei nervlicher Anspannung oder Angst sich zusammenziehen und das Pferd seine Schlüsse daraus zieht.

Unser Hengst Singpornbon. Kann auch er Gedanken lesen?

Pferde haben aber auch die Fähigkeit, die Verfassung des Reiters auch ohne Muskelkontakt festzustellen. Man nennt dies „Extra Sensory Perception" oder kurz ESP.

Bei Versuchen hatte man Pferde, die Stallnachbarn waren, etliche 100 Meter getrennt und dann eines davon gefüttert. Das nicht gefütterte Pferd zeigte zur selben Zeit die Zeichen, die ein Pferd zeigen würde, das beim Füttern vergessen wurde. Die Versuche gingen tatsächlich so weit, dass gewisse Pferde mit Gedankenübertragung geritten werden konnten.

Dies sind selbstverständlich Extremfälle und setzen eine gewisse Veranlagung bei Pferd und Reiter voraus.

Man kann sich jetzt natürlich fragen, ob ein Pferd nicht einfach macht, was es will, sobald es die Ängstlichkeit des Reiters entdeckt. Die meisten Schulpferde werden immer wieder von erfahrenen Reitern geritten und dies hält normalerweise für ein Weilchen. Auch sind Pferde eher freundlich gesinnt und nehmen es mit der Dominanz nicht so genau.

Wenn bei mir zum Beispiel beim Ausreiten ein Reiter mit seinem Pferd irgendwelche Schwierigkeiten hat, rate ich dem Reiter besser in meiner direkten Nähe zu bleiben. Ein warnender Blick an das Pferd reicht dann meistens schon.