Wenn man jahrelang täglich mit Pferden arbeitet und mit
manchen davon sehr intensiv, kommt man früher oder später zu der
Überzeugung, dass zumindest manche Pferde die Begabung haben, gewisse
Absichten des Reiters von vorneherein zu kennen. Dies hatte sich vor kurzem
wieder bei einem meiner Pferde bestätigt.
Ich hatte vor nicht langer Zeit einen Wallach von der
Rennbahn gekauft. Erst 6-jährig hat er natürlich noch einige
altersbedingte Mucken. Eine davon war, beim Angaloppieren im Viereck einen
Buckel zu machen. Das Interessante daran war, dass er nach einer gewissen
Zeit den Buckel dann oft schon machte, wann immer ich den Entschluss fasste
zu
galoppieren.
Ein ähnlicher Zwischenfall gab es mit unserem Hund, der
sich immer gerne in den weichen Sand der Arena legte. Dies hatte früher
oder später zur Folge, dass er von einem Pferd getreten wurde. Ich muss
sagen, dass es Tage gibt, an denen mich der Hund überhaupt nicht stört.
Wenn er mich stört, weiß es der Wallach und macht einen Satz, sobald er in
die Nähe des liegenden Hundes kommt.
Man kann jetzt wirklich spekulieren, woher das Pferd die
Information über meinen Gemütszustand und damit meine Gedanken bekam.
Verschiedene Fachleute, die sich mit der Psychologie des Pferdes befassen,
vertreten die Auffassung, dass die Muskeln des Reiters bei nervlicher
Anspannung oder Angst sich zusammenziehen und das Pferd seine Schlüsse
daraus zieht.
Unser
Hengst Singpornbon. Kann auch er Gedanken lesen?
Pferde haben aber auch die Fähigkeit, die Verfassung des
Reiters auch ohne Muskelkontakt festzustellen. Man nennt dies „Extra
Sensory Perception" oder kurz ESP.
Bei Versuchen hatte man Pferde, die Stallnachbarn waren,
etliche 100 Meter getrennt und dann eines davon gefüttert. Das nicht
gefütterte Pferd zeigte zur selben Zeit die Zeichen, die ein Pferd zeigen
würde, das beim Füttern vergessen wurde. Die Versuche gingen tatsächlich
so weit, dass gewisse Pferde mit Gedankenübertragung geritten werden
konnten.
Dies sind selbstverständlich Extremfälle und setzen
eine gewisse Veranlagung bei Pferd und Reiter voraus.
Man kann sich jetzt natürlich fragen, ob ein Pferd nicht
einfach macht, was es will, sobald es die Ängstlichkeit des Reiters
entdeckt. Die meisten Schulpferde werden immer wieder von erfahrenen Reitern
geritten und dies hält normalerweise für ein Weilchen. Auch sind Pferde
eher freundlich gesinnt und nehmen es mit der Dominanz nicht so genau.
Wenn bei mir zum Beispiel beim Ausreiten ein Reiter mit seinem Pferd
irgendwelche Schwierigkeiten hat, rate ich dem Reiter besser in meiner
direkten Nähe zu bleiben. Ein warnender Blick an das Pferd reicht dann
meistens schon.