Muss man als Mutter den Freund der Tochter mögen?

Diese Frage stellte neulich eine Bekannte an mich. Sie hat eine 26jährige Tochter, mit der sie sich immer ganz wunderbar verstand. Mit jedem noch so kleinem Problem kam sie zur Mutter und fragte um Rat. Die Mutter gab ihn ihr natürlich immer und freute sich darüber, dass die Tochter so viel Vertrauen zu ihr hatte. Sie waren die besten Freundinnen.

Das ist nun seit einigen Monaten vorbei. Die Tochter verliebte sich in einen jungen Mann und zog mit ihm zusammen. Das alleine schon nahm die Mutter ihr übel. Allerdings behauptet sie, dass der Mann ihre Tochter nach allen Regeln der Kunst ausnimmt. Er soll sie angeblich auch furchtbar schlecht behandeln und die Tochter wagt es anscheinend nicht, zur Mutter zu laufen und um Rat zu fragen. Die Mutter versteht das alles nicht und schon gar nicht, dass sich ihre geliebte Tochter dies alles gefallen lässt. Daher fragte sie sie einmal bei einem der seltenen Besuche und wollte hören, an was es liegt. Daraufhin ging ihre Tochter total auf Distanz, zog sich noch mehr von der Mutter zurück und spricht nur das Nötigste mit ihr. Meine Bekannte ist natürlich am Boden zerstört und möchte alles versuchen, damit das Verhältnis zu ihrer einzigen Tochter wieder so wird wie früher, damit sie sie nicht verliert.

Mein Rat an meine Bekannte war, dass sie ihrer Tochter keinesfalls Ratschläge geben soll, solange diese noch frisch verliebt ist. Denn da sieht man die schlechten Seiten des geliebten Menschen nicht. Oder man will sie nicht erkennen. Daher ist man vernünftigen Argumenten gegenüber nicht aufgeschlossen. Allerdings sollte das die Mutter nicht abhalten, ihre Meinung zu äußern. Mit Vorsicht, um keine Gefühle zu verletzen, aber nichtsdestotrotz.

Jede Mutter leidet darunter, wenn sie sieht, dass es ihrer Tochter nicht so gut geht, wie sie das ihrer Meinung nach eigentlich verdient. Jede Mutter leidet darunter, wenn sie sieht, dass ihr Kind, wieder ihrer Meinung nach, ins Unglück läuft. Trotzdem muss jedes Kind, jeder Mensch seine eigenen Erfahrungen machen. Es hilft nichts, wenn die Mutter die Steine aus dem Weg räumen will, denn es kommen doch immer wieder andere, bei denen die Mutter nicht zur Stelle sein kann. Menschen lernen durch böse Erfahrungen. Nur so lernen sie es, beim nächsten Mal es besser zu machen und nicht in den gleichen Fehler zu verfallen.

Die Mütter sollen daher die Zeit für sich arbeiten lassen, die Kinder sozusagen auf dem Trapez des Lebens ihre Saltos lernen lassen und dann eventuell das Sicherheitsnetz zu sein, um sie bei einem Absturz auffangen zu können. Darum sollte man versuchen, den Kontakt mit den Kindern zu halten, aber sich regelmäßige Kommentare und Seitenhiebe sparen.