Franz Schmid
Die Weltöffentlichkeit wurde von Terroranschlägen
aufgeschreckt, die diesmal nicht in den USA oder Europa, sondern im seit
langem friedlichem Südthailand ausgeübt wurden. Ein Anschlag wurde auf
eine Kaserne verübt und 21 Schulen wurden niedergebrannt.
Die Moslems im Süden haben sich schon lange darüber
beschwert als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden. Ferner sind sie
ihrer Meinung nach religiösen, sprachlichen und politische
Benachteiligungen ausgesetzt. Diese Klagen mögen berechtigt sein. In
manchen Gegenden machen die Moslems 85 Prozent der Bevölkerung aus. Aber
nur 30 Prozent der Polizisten und Verwaltungsbeamten sind Moslems, die meist
von der Zentralregierung in Bangkok eingesetzt oder ernannt wurden.
Man muss dafür Verständnis aufbringen, dass die
mohammedanischen Thais ihren gerechten Anteil am Leben der thailändischen
Gesellschaft fordern. Das diese seit langer Zeit vorgebrachten Klagen von
den bisherigen Regierungen nicht Ernst genommen wurden, rächte sich nun.
Wenn man berechtigte Forderungen über Jahre und
Jahrzehnte einfach nicht zur Kenntnis nimmt oder ignoriert, so fördert das
nur verzweifelten Ärger, der sich irgendwann einmal entlädt. Doch was hier
geschehen ist, ist keine Verzweiflungstat, um Aufmerksamkeit zu erregen,
sondern es ist blanker Terror.
Gewalttätigkeiten dieser Größenordnung widersprechen
eigentlich der Natur der Thais. Die Behörden werden wohl richtig in der
Annahme sein, dass diese terroristischen Anschläge unter Anleitung
ausländischer „Profis" durchgeführt wurden.
Die Regierung gab sogar offen zu mit einem Aufstand
konfrontiert zu sein. Allerdings kann man sich fragen, wie die amtlichen
Stellen dazu kommen Leute, die Schulen abbrennen, Rebellen zu nennen.
Brandstifter oder Feuerteufel wäre die richtige Bezeichnung. Was muss in
den Köpfen solcher Leute vorgehen, die mit den Kindern der eigenen
Religionsgemeinschaft derart brutal umgehen? Wie seelisch und geistig krank
muss man sein, um unschuldigen Kindern die Schule wegzunehmen, oft der
einzige Ort, wo sie unbehelligt mit Gleichaltrigen umgehen können und
Freundschaften schließen können.
Im Namen der Religion sind schon viele Kriege geführt
worden, daran sollte man sich immer erinnern. In Europa ist diese Zeit
längst überwunden, aber die unrühmlichen Kreuzzüge des Mittelalters
gereichen der Kirche nicht gerade zu Ehren. Dahinter steckten damals meist
politische Interessen mächtiger Herrscher oder einfach nur nackte Geldgier.
Der Islam macht zur Zeit eine ähnliche Krise durch,
radikale Moslems haben den „heiligen" Krieg auf ihre Fahnen
geschrieben. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zu den
Kreuzzügen. Während die Kreuzritter offen ins Feld zogen, haben wir es
jetzt mit feigen Meuchelmördern zu tun. Ohne Vorankündigung, aus heiterem
Himmel, attackieren sie harmlose und unvorbereitete Menschen, die sich nicht
wehren können.
Um die Probleme der moslemischen Bevölkerung im Süden
Thailands zu lösen, gibt es nur eine Lösung, und das ist der öffentlich
geführte Dialog. Deals mit lokalen Moslemgrößen schüren den Ärger nur
und tragen nicht zur Entspannung der Lage bei.
Man muss die Täter fassen und ihrer gerechten
Verantwortung zuführen. Der allergrößte Teil der moslemischen
Bevölkerung wird für diese Anschläge kein Verständnis aufbringen. Auch
Moslems werden sich nicht mit Mördern oder Menschen solidarisieren, die den
schwächsten Teil der Gesellschaft – die Kinder – bedrohen.
Den Terroristen muss das schäbige Handwerk gelegt
werden, im Interesse des innenpolitischen Friedens und des Miteinanders
aller Menschen in Thailand gleich welchen Glaubens.