Rechtspraxis in Thailand

Premprecha Dibbayawan, Rechtsanwalt (MCI, Miami Universität) Verwaltungsratspräsident der swissSiam Gruppe

Gesellschaftsordnung und die Kinder

Seit der damalige Innenminister, und jetziger stellvertretender Premierminister, Seine Exzellenz Purachai Piumsombun, im Jahre 2000 die Kampage zur Erneuerung der Gesellschaftsordnung begann, und nachdrücklich anordnete, die entsprechenden Gesetze durchzusetzen, vergeht kein Tag, wo die Medien nicht über Verstöße gegen diese Ordnung berichten. Auch Kinder und Jugendliche sind von dieser Gesellschaftsordnung nicht ausgeschlossen.

Jugendlichen unter 18 Jahren ist es verboten nach 22 Uhr ohne Begleitung Erwachsener Restaurants, Discos, Internet-Cafes oder Kinos zu besuchen oder schlechthin sich alleine auf öffentlichem Grund aufzuhalten.

Diese Anordnung scheint nun auch im Ausland Schule zu machen. Der neue Generalsekretär der deutschen CSU (Christlich Soziale Union), bayerische Schwesterpartei der CDU (Christlich Demokratische Union), zur Zeit Oppositionspartei im deutschen Bundestag, hat einen Plan unter dem Titel „Ausgehverbot für Kinder unter 14 Jahren" vorgestellt.

Dieser Plan wird in deutschen Familien für heftige Diskussionen sorgen. Die CSU will zum Schutz der Jugend ein Ausgehvebot für Kinder durchsetzen. Nach 20 Uhr sollen Jugendliche unter 14 Jahren nur noch in Erwachsenenbegleitung das Elternhaus verlassen dürfen.

Um Verwahrlosung und Drogenmissbrauch gerade bei Kindern einzuschränken, fordert der CSU-Plan eine Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit (JÖSchG). Diese gesetzlichen Bestimmungen sollen um einen zusätzlichen Paragraphen erweitert werden, der für Kinder unter 14 Jahren nach 20 Uhr eine obligatorische Erwachsenenbegleitung festschreibt. Außerdem fordert der Plan, dass Eltern, die ihre Kinder verwahrlosen lassen, vom Staat stärker zur Verantwortung gezogen werden sollen, indem Eltern das Sorgerecht im Schnellverfahren entzogen werden kann, wenn sie die Sorge für ihre Kinder wiederholt vernachlässigen. Bisher ist der Paragraph 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), entsprechend der Initiative, zu lasch angewandt worden. Viel zu selten wird das Sorgerecht eingeschränkt oder entzogen, und die Kinder müssen weiter leiden, bis eine gerichtliche Verfügung in Kraft tritt.

Hintergrundinformationen der Initiative zeigen auf, dass früher der Ladendiebstahl das klassische Delikt von Kindern und Jugendlichen war. Heute greifen schon 14-jährige immer öfter zur Waffe, begehen Körperverletzungen oder Drogenmissbrauch. Die zunehmende Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen ist erschreckend.

Ein Blick in die landesweite Kriminalstatistik für das Jahr 2002 zeigt, dass die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen im Bereich Körperverletzung im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 Prozent, bei Rauschgiftdelikten um 1,9 Prozent und bei Straftaten gegen das Waffengesetz sogar um 19,7 Prozent angestiegen ist. Es gab allein 13.716 Delikte von Körperverletzungen durch Kinder im Alter bis zu 14 Jahren.

In den meisten Fällen dieser Gesetzesverstöße spielt der familäre Hintergrund eine besondere Rolle. Viele jugendliche Straftäter kennen nichts anderes als Trunksucht oder Gewalttätigkeiten ihrer Eltern. In einem solchen Umfeld können keine verantwortungsvollen Bürger heranwachsen. Wenn die Familie versagt, dann muss der Staat eingreifen.

Die Einführung des Planes soll in 2 Stufen erfolgen und ist mit gravierenden Maßnahmen ausgestattet. Eltern, die zum wiederholten Mal ihr(e) Kind(er) vernachlässigen, sollen das Kindergeld und die Sozialhilfe gekürzt werden. Das soll eine ernste Warnung sein, denn Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, geben das Geld ohnehin nicht für das Wohl ihres Nachwuchses aus. Im weiteren sollen solche Eltern zur Beratung ins Jugendamt vorgeladen werden.

Sollten diese Maßnahmen keinen Erfolg haben, soll die zweite Stufe in Kraft treten, die vorsieht, dass die betroffenen Kinder aus der Obhut ihrer Eltern, dem für sie gefährlichen Umfeld, entzogen werden, in Heime überwiesen, in eine Pflegefamilie kommen oder zur Adoption freigestellt sind.

Aber auch der Staat und das Bildungswesen sind gefordert. Die Schulen müssen mehr für die Erziehung der Kinder tun. In den Lehrplänen muss endlich die Vermittlung von Werten wie Höflichkeit, Respekt, Moral und Rücksicht verankert werden. Die Lehrer haben hier ein große Verpflichtung und Verantwortung zu übernehmen. Es geht um Werte erster Ordnung, die zum Pflichtprogramm der Schule werden müssen.

Der vorliegende Plan ist auf die Komponenten „Geld", (Kürzung von Kindergeld und Sozialhilfe) und „Entzug der elterlichen Gewalt" ausgerichtet, was in einem Industrie- und Wohfahrtsstaat, der über ein entsprechendes soziales Netz verfügt, große Chancen hat, realisiert zu werden. Kinder, die in einem geordneten Umfeld aufwachsen, Werte wie Moral, Recht und Ordnung in sich aufnehmen und verstehen, sind Garant für ein künftige intakte Gesellschaftsordnung. Es ist nun abzuwarten, wie das Parlament über den Vorstoß der Opposition entscheiden wird.