Schöne Worte helfen nichts

Franz Schmid

Es scheint, dass sich die Behörden diesmal verrechnet haben. Als die ersten Fälle von Vogelgrippe in den Nachbarländern Thailands auftauchten, war man mit beruhigenden Worten für Farmer und Konsumenten in Thailand schnell zur Hand. Es bestehe überhaupt keine Gefahr für das einheimische Geflügel, der Premierminister ließ sich sogar beim Essen eines Hühnerkeulchens ablichten. Dass einige Monate zuvor bereits Tausende Hühner gestorben waren, wurde abgetan, indem behauptet wurde, dass es sich um Vogelpest handeln würde, die anscheinend nicht ansteckend ist.

Man kann die Verantwortlichen verstehen, denn Thailand ist der viergrößte Exporteur von Hühnerfleisch weltweit und da war Gefahr im Verzuge. Ein wesentlicher Teil eines devisenbringenden Exportindustriezweiges war in Gefahr wegzubrechen. Leider ging man den einfachen Weg und tat so, als ob diese Vogelseuche Thailand nicht betreffe.

Anders als beim Ausbruch von SARS kann man nur schwer Vorsorge gegen den Ausbruch von Tierkrankheiten treffen. Eine Seuche wie SARS kann man eindämmen, indem man die ein- und ausreisenden Menschen daraufhin untersucht. Dies ist ja auch gelungen, die Weltgesundheitsorganisation war voll Lobes über die Maßnahmen, die von der thailändischen Regierung ergriffen wurden.

Von der Vogelgrippe sind nicht nur Hühner betroffen, sondern alle Vogelarten. Bekannter Weise kümmern sich Vögel jedoch nicht um Einreise- und Gesundheitsbestimmungen, sondern halten sich in ihren Einzugsgebieten auf, welche Ländergrenzen überschreiten. Die Vogelgrippe hat sich inzwischen in großen Teilen Asiens verbreitet und so nimmt es nicht Wunder, dass die Seuche ihren Weg auch in die Geflügelfarmen und Zuchtvogelanstalten, aber auch Zoos Thailands gefunden hat.

Der Todesfall eines sechsjährigen Jungen wurde amtlich bestätigt, andere Verdachtsfälle werden von den Behörden weiter untersucht.

Nach bisherigen Erkenntnissen werden Menschen durch den Kontakt mit erkrankten Tieren infiziert. Experten der Weltgesundheitsorganisation äußerten ihre Besorgnis, der Virus könne auch mit Grippeerregern des Menschen mutieren, sodass eine Übertragung von Mensch zu Mensch denkbar sei. Der Virus hat sich auch gegen mehrere Grippemittel als resistent gezeigt.

Ähnlich wie in anderen betroffenen Ländern werden nun schwere Beschuldigungen gegen die Regierung erhoben. Da ist von Vertuschung, Schönreden, Verniedlichung und Ignoranz die Rede. Dass vor allem die Angehörigen der Opfer so reagieren, ist menschlich verständlich. Aber auch die Regierungen anderer Länder reagieren sauer und drohen bereits mit einem langanhaltenden Einfuhrverbot thailändischen Geflügels.

Aus opportunistischen Erwägungen und vielleicht auch auf Druck interessierter Kreise heraus handelten die Regierungen zuerst gar nicht und dann zu spät - und nun ist das Kind in den Brunnen gefallen.

Sollte es nicht gelingen, die Seuche auszurotten, wären wohl noch schlimmere Folgen als bei der SARS-Epidemie zu erwarten. Nach Überwindung von SARS befindet sich die Tourismusindustrie in einer ermutigenden Erholungsphase und gibt zu berechtigten Hoffnungen Anlass. All diese harte und schwierige Arbeit zur Gesundung dieses Industriezweiges steht in Gefahr zunichte gemacht zu werden.

Den Regierungen, nicht nur die thailändische, sollte das eine Lehre sein! Es ist kaum anzunehmen, dass dies der letzte Fall eines Ausbruchs einer Seuche ist. Es gehört manchmal Mut dazu, den Tatsachen ins Auge zu blicken. Lügen haben aber immer kurze Beine!