Yoga – die besondere Art langsam zu turnen

Urs Böhmer

Viele von uns glauben, dass Yoga mit seltsamen Körperverrenkungen zu tun hat. Irgendwie stimmt das schon. Aber es gibt auch einfachere, wie zum Beispiel das Hata-Yoga, das die indischen Yogi ausgeklügelt haben, um ihren Anhängern zu helfen, die vollständige Beherrschung von Körper und Seele zu erreichen.

Dieses Hata Yoga hat den Vorteil, dass man, im Gegensatz zu den westlichen Sportarten, einen wunderschönen und gleichmäßigen Körper damit entwickeln kann, da alle Muskeln damit angesprochen werden. Alles was man dazu benötigt sind ein Spiegel und circa 15 Minuten täglich 15 Minuten Zeit. Allerdings sollte man auch die nötige Konzentration und vertiefende geistige Einstellung mitbringen, da ein „mechanisches Herunterturnen" zu keinem guten Ergebnis führt.

Die Hata-Yoga Übungen sind sogenannte Ausharrungsübungen, die Anspannung, Einbildungskraft und starken Willen erfordern. Das bedeutet, wenn sich der Übende vorstellt, dass ihm während einer bestimmten Bewegung „Prana" (ungeheure Kraft) in die Muskeln strömt, dann wird der Muskel nach einigen Wochen Training so gewachsen sein, als hätte man Schwerarbeit damit geleistet.

Ich möchte Ihnen nun die sechs wichtigsten Übungen im Zeitlupentempo nahe bringen. Wichtig dabei ist auch, dass man die Muskeln immer kräftig anach jeder Übung ausschüttelt.

1. Das Speerwerfen: Die rechte Hand umklammert einen imaginären Speer. Man nimmt die Haltung des Speerwerfers ein, der dabei ist, den Speer zu werfen. Mit Blick in den Spiegel wird jede Phase dabei in Zeitlupe ausgeführt – an die 60 Sekunden lang.

2. Das Bogenschießen: Man dreht sich seitwärts und nimmt die Stellung eines Bogenschützen ein, der einen Bogen hält und im Begriff ist, den Pfeil zu schießen. In Zeitlupentempo (mit angespannten Schenkel- und Armmuskeln) zieht man mit ausgestrecktem Arm die Sehne durch und lässt los. Dauer 60 Sekunden.

3. Das Gewichtstemmen: Wie ein Stemmer nach vorne beugen und ein imaginäres Gewicht mit beiden Händen ergreifen. Im Zeitlupentempo bis zur Schulter hoch reißen, in Spreizstellung gehen und das Gewicht mit ausgestreckten Armen hochstemmen. Dauer 60 Sekunden.

4. Das Holzhacken: Das ist eine der wichtigsten Urübungen. In gespreizter Stellung beide Arme über den Kopf heben, als hielte man eine schwere Axt in den Händen. In Zeitlupe mit weit ausholenden Bewegungen das Holz spalten. Dauer 1- 2 Minuten.

5. Der Faustkampf: Vor dem Spiegel in Boxstellung gehen und gegen sein Spiegelbild in Zeitlupe boxen. Rechte und linke Gerade und dann zwei Schwinger boxen. Dauer cirka 2-3 Minuten.

6. Das Tauklettern: Den Türrahmen (oder die Teppichstange oder einen Ast) fassen und sich einige Sekunden regungslos hängen lassen. Nach mehrmaligem Üben auf mehrer Minuten ausdehnen. Nach kurzem Ausruhen zieht man sich am Türrahmen (Ast oder Teppichstange) langsam und so oft man kann hoch. Dies ist eine der wichtigsten Übungen zur Dehnung der Körpermuskeln.

Die indischen Yoga-Schüler sehen am Beispiel des bereits körperlich vollentwickelten Meisters, wie man die Übungen durchführen soll. Wir haben meist keinen Yogi an der Hand und müssen uns deshalb wieder mit der Phantasie oder Bildern von schönen athletischen Körpern, die man an den Spiegel hängt, aushelfen. Nach diesen Fotos können wir dann bewusst und gezielt unseren Körper formen. Man sieht also, dass der Wille nicht nur Berge versetzen, sondern auch Muskeln wachsen lassen kann.