Ich nehme an, wohl jeder Laie weiß, was es bedeutet,
wenn ein Pferd die Ohren anlegt. Dies ist unmissverständlich ein Signal der
Aggression, entstanden aus der Notwendigkeit, sich vor Verletzungen zu
schützen.
Ein Pferd mit angelegten Ohren ist für einen Kampf
vorbereitet. Folglich, über den Zeitraum der Evolution hinaus, lohnte es
sich für ein Pferd nach angelegten Ohren Ausschau zu halten, falls es
interessiert daran war, Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen. Die Tatsache,
dass die Empfänger dieser Signale anfingen, diesem Signal Beachtung zu
schenken, brachte die Sender derselben dazu, dieses Signal bis zur Drohung
hin anzuwenden.
Pferde benützen eine ganze Palette solcher visueller
Signale für viele wichtige Funktionen sozialer Kommunikation. Die
Entwicklung dieser Gesten ist tatsächlich oft einfach zu erklären.
„Die
Ohren sprechen".
Ein Schwingen des Kopfes mit offenem Maul und
entblößten Zähnen ist die Vorstufe zu einem Biss, ein erhobenes Bein die
Vorstufe zu einem Schlag. Diese Gesten hatten sich im Laufe der Entwicklung
ritualisiert, weil ihre Aussagen in unmissverständlicher Weise zu einer
tatsächlichen aggressiven Aktion stehen.
Eine weitere Variation visuellen Ausdrucks bei einem
Pferd und auch manch anderer Tiergattungen entwickelte sich aus der
Größenwahrnehmung und in unserem integrierten Verständnis daraus, dass
größere Dinge beeindruckender wirken als kleinere. Ein Hund richtet sich
zur Drohgebärde auf, oder gibt klein bei, im wahrsten Sinne des Wortes.
Um auf den Punkt zu kommen, der Hund stellt sich nicht
vor, größer auszusehen, wenn er sich aufrichtet. Der Punkt liegt viel eher
darin, dass über dem Zeitraum der Evolution diese Gesten instinktiv gemacht
wurden, ganz einfach, weil sie Wirkung zeigten.
Irgendwann einmal hatten sie ein anderes Tier dazu
veranlasst zu denken, es handle sich um ein größeres gefährliches Tier
oder ein kleines harmloses und dementsprechend war das Verhalten. In der Tat
täuschen diese Signale heutzutage niemanden, aber das ist ja auch nicht
wichtig. Es ist im Interesse des Senders und des Empfängers, so zu tun, als
ob diese Signale ein Zeichen der Größe wären, da sie ein direktes Maß am
tatsächlichen Vorhaben wiederspiegeln.
Bei den Pferden sieht man diese „Größengeste" nicht all zu
deutlich. Sie ist aber auch vorhanden. Ein imponierender Hengst „macht
einen Kragen", er richtet seinen Hals auf und hinten den Schwanz auch
noch. Ein mickriges Pferd lässt den Kopf hängen und zieht den Schwanz ein.