Franz Schmid
Es soll ja noch Leute geben, die eigenhändig mit blauer
oder schwarzer Tinte an Verwandte oder Freunde Briefe verfassen. Ich muss
gestehen, dass auch ich peinlicherweise zu diesem Personenkreis gehöre.
Ich gebe auch gern zu, dass ich Leute kenne, die keine
E-Mail-Adresse haben, dafür aber einen festen Wohnsitz. Heutzutage einen
Brief zu schreiben, mag ja in den Augen mancher Zeitgenossen einen
nostalgischen Anstrich haben. Die meisten wissen wahrscheinlich gar nicht,
dass im Sortimentshandel Briefpapier und Briefumschläge vertrieben werden.
Unlängst raffte ich mich auf, eine längst überfällige
Antwort endlich zu erledigen. Der Brief war fein säuberlich geschrieben, in
das Kuvert gesteckt, zugeklebt und bereit zum Abschicken.
Zum allgemeinen Verständnis: Ich wohne in Nord-Pattaya
und ich war noch nie auf dem Hauptpostamt in der „Soi Post Office".
Also wollte ich mich sachkundig machen, denn ich wollte außerdem in
Erfahrung bringen, was dieses Postamt von anderen Postämtern unterscheidet,
da ja schließlich eine Straße danach benannt ist. Ich hatte also allerlei
Gründe, mich mit diesen unbekannten Dingen vertraut zu machen.
Vertrauter hingegen sind mir die Gebaren der
Motorrad-Taxis, was ich in der Aufregung allerdings vergaß, denn es galt
doch einen Brief nach Deutschland auf den postalischen Weg zu bringen. Der
Motorradfahrer merkte mir wohl an, dass ich in wichtiger Mission unterwegs
war. Ängstlich hielt ich den Brief fest, damit er mir nicht verloren ging
bei dieser rasenden Fahrt, die mich innerhalb von ein paar Minuten dank
günstiger Verkehrsverhältnisse zur gewünschten Stelle brachte.
Strahlendes Gesicht: „Vierzig Baht, same same!"
Das sollte wohl bedeuten, dass mein Fahrer die Rückfahrt auch noch in
Rechnung stellte, allerdings hatte ich nicht vor, diese gemeinsam mit ihm
anzutreten, verzichtete aber auf eine Diskussion.
Frohen Mutes betrat ich das Postamt! Zwei Schalter waren
besetzt, und die Bediensteten scherzten freundlich miteinander.
Verständlich, denn es war kaum Kundenverkehr! Meinem Anliegen schenkten sie
keine besondere Aufmerksamkeit, obwohl ich doch mit einem postalisch
einwandfreien Luftpostumschlag in meinen Händen vor ihnen stand.
Ratlos blickte ich umher und mein Blick fiel auf mehrere
Reihen blauer, am Fußboden festgeschraubter Plastikstühle, auf denen ein
Ausländer mit seiner Freundin saß. In meiner Hilflosigkeit wandte ich mich
an die Beiden, in der Hoffnung, dass sie mir Auskunft erteilten.
Dazu waren sie auch bereit und klärten mich darüber
auf, dass jeder Kunde des Postamts an einem Automaten eine Nummer ziehen
muss, welcher die Reihenfolge bestimmt, nach der ein Kunde bedient wird.
Anscheinend fiel unsere Unterhaltung bei den Diensthabenden unangenehm auf,
die Blicke sagten alles.
Ich kam nicht mehr dazu eine Nummer zu ziehen, da der
eilfertige Postangestellte (oder war es gar ein Beamter?) mich zu sich
winkte. Verständnisvoll nahm er den Brief entgegen und legte ihn auf die
Waage.
Auf anderen Postämtern hatte ich die Erfahrung gebracht,
dass Briefe dieser Gewichtsklasse 17 Baht kosten. Dies bestätigte man
dadurch, dass mir eine 10-Baht- und eine 7-Baht-Briefmarke ausgehändigt
wurde.
Diese galt es nun auf dem Briefumschlag zu befestigen,
was normalerweise dadurch geschieht, dass die Gummilösung der Briefmarken
durch leichtes Befeuchten aktiviert wird. Leider, leider, war der dafür
gedachte Schwamm ausgetrocknet.
Ich musste mich eines Tricks bedienen, um endlich meinen
Wunsch den Brief abzusenden zu erfüllen. Die Diensthabenden nahmen dies
demonstrativ nicht zur Kenntnis, das Problem mit dem trockenen Schwamm war
wohl nicht neu.
Für den Heimweg benutzte ich übrigens ein Bahtbus-Taxi. Der Fahrer war
mit dem üblichen Preis einverstanden und verkniff es sich, einen Aufschlag
für seinen Rückweg zu nehmen.