Und die Moral von der Geschicht’?

Franz Schmid

So sicher wie das Monster von Loch Ness oder die nächste Diätenerhöhung für Bundestagsabgeordnete taucht in Pattaya die Diskussion um neue Öffnungszeiten für die Amüsierbetriebe der Fremdenverkehrsstadt auf. Es gibt immer noch viele männliche Fremde, die hauptsächlich nach Pattaya kommen, um mit dem meist weiblichen Teil der einheimischen Bevölkerung zu verkehren. Dabei spielen die Bars, Clubs, Salons und was sonst noch alles eine Schlüsselrolle. Sie sind es, die Pattaya zu dem gemacht haben, was es heute ist. Die mag man begrüßen oder bedauern, Fakt ist, dass ohne alle diese Betriebe der Tourismus nicht diese überragende wirtschaftliche Bedeutung spielen würde. Zudem kommen noch die vielen Familien, die in immer grö0ßerer Anzahl Pattaya besuchen und die ebenfalls einen großen Teil dazu beitragen, den Tourismus in Pattaya anzukurbeln.

Zu den Leuten, die dieser Entwicklung mehr als reserviert gegenüber stehen scheint Thailands Innenminister zu gehören. Zum Schutz der öffentlichen Moral ist geplant, die Öffnungszeiten all dieser lasterhaften Amüsierbetriebe auf die Zeit von 18.00 bis 24.00 Uhr zu reduzieren. Offenbar hat es noch nicht ausgereicht, die Moral der einheimischen Bevölkerung zu festigen, als man die Polizeistunde auf 2.00 Uhr festsetzte. Die Frage ist nur, wem ist mit dieser Maßnahme gedient? Böse Zungen behaupten, dass der so um Sitte und Anstand bedachte Politiker bei seinen moslemischen Glaubensbrüdern im Süden auf Stimmenfang ist. So würde zumindest ein Mensch von dieser zweifelhaften Maßnahme profitieren, meinen manche Leute, die diese Sache von der komischen Seite sehen.

Doch was meinen die Betroffenen? Die finden das gar nicht komisch, denn ihre Existenz ist bedroht. Schon treffen täglich Emails und Anfragen in der Redaktion ein, wie es denn mit dieser neuesten Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Moral stehe. Da die meisten Pattaya-Touristen eben nun einmal nicht über die charakterliche Standfestigkeit der Regierungsmitglieder verfügen, werden Überlegungen angestellt, den wohlverdienten Urlaub an Orten mit weniger rigiden Moralbegriffen zu verbringen. Den Schaden hätte nicht nur Pattayas Wirtschaft. Würden die angekündigten Maßnahmen durchgeführt, zöge dies folgende Konsequenzen nach sich: Viele Touristen bleiben weg, dies bedeutet, viele Amüsierbetriebe und Hotels müssen dicht machen. Die angepeilten Edeltouristen werden diese Lücke wahrscheinlich nicht füllen. Viele Menschen in Pattaya und Umgebung werden in die Arbeitslosigkeit und existentielle Not gedrängt. Die Damen des horizontalen Gewerbes (und natürlich auch die Stricher und die Ladyboys) werden mehr und mehr gezwungen auf die Beachroad auszuweichen, die jetzt schon kein ungefährliches Pflaster mehr ist. Die momentan immer mehr um sich greifende Kriminalität in Pattaya (übrigens ein Feld, wo sich der Innenminister durchaus positiv profilieren könnte) wird explodieren. Dies wird weder dem Tourismus noch dem Image der Stadt gut tun und zu einem nicht endenden Teufelskreis von sinkenden Besucherzahlen und erhöhter Verbrechensrate führen. Ist dies wirklich so gewollt?

Noch sind die seligen Zeiten in Erinnerung als man nachts um drei in Pattaya entlang gehen konnte, ohne Angst um Leben und Eigentum haben zu müssen. Gewisse finstere Elemente scheuen nun mal das Licht, und wenn es nur die Beleuchtung der Bierbars mit einigen späten Zechern ist, die das Gelände im Blickfeld haben.