Duncan Stearn
Als Exterritorialität wird eine Rechtsform bezeichnet, in
der die Rechtsprechung und die Gesetze eines souveränen Staates auf dessen
Bürger ausgeweitet werden, die vielleicht im Ausland wohnen oder in ein anderes
Land reisen. Britische Staatsbürger beispielsweise, die in Thailand eine
Straftat begangen haben, konnten nicht nach den thailändischen Gesetzen
verurteilt werden, sondern nur nach den britischen Gesetzen und von einem
britischen Gericht. Im Grunde war es eine Form von „juristischem
Imperialismus", der durch Drohungen oder manchmal mit Gewaltanwendung
aufgezwungen wurde.
Das 19. Jahrhundert war für Thailand (damals als Siam
bekannt) ein schwieriger Entwicklungszeitraum, besonders die letzte Hälfte des
Jahrhunderts. Diese Zeit war sowohl von außenpolitischen Bedrohungen durch
Frankreich und Großbritannien gekennzeichnet, als auch durch Grenzkonflikte mit
Burma, Laos und Kambodscha.
Im Mai 1856 unterzeichnete Thailand das „Harris
Abkommen" mit den Vereinigten Staaten und stimmte Exterritorial- und
Handelszugeständnissen zu.
Eine Vereinbarung zwischen Thailand und Großbritannien wurde
1874 unterschrieben, in der ein System zweistaatlicher Gerichtshöfe eingeführt
wurde, die juristische Angelegenheiten zwischen Staatsangehörigen der beiden
Länder abwickeln sollten.
In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelten sich
zwischen Frankreich und Thailand eine Reihe von Krisen über die Hoheitsgewalt
in Laos und Kambodscha. Die Franzosen wendeten Gewalt an, um in dieser Frage von
Thailand Zugeständnisse zu erlangen, diese schlossen auch exterritoriale Rechte
ein.
Ein englisch-französisches Übereinkommen im April 1907
führte dazu, dass Frankreich seine exterritorialen Rechte verringerte. Im März
1909 trat Thailand vier malaiische Provinzen an Großbritannien ab und erhielt
dafür einen Kredit für den Eisenbahnbau und einen gütlichen Vergleich über
den exterritorialen Status.
Die Gelegenheit in dieser Frage weitere Ausgewogenheit
herzustellen, kam auf unerwartete Weise. Als im August 1914 in Europa der Erste
Weltkrieg ausbrach, holte sich Thailand seine Rechte wieder zurück, indem es
Deutschland und der K & K Monarchie Österreich-Ungarn den Krieg erklärte.
Eine kleine Aufklärungstruppe thailändischer Soldaten wurde an die Westfront
gesandt, um mit den britischen, französischen und amerikanischen Truppen Dienst
zu tun. Der Krieg ging im November 1918 zu Ende und am 10. Januar 1920 wurde
Thailand eines der Gründungsmitglieder des Völkerbundes, der aber unter einem
schlechten Stern stand.
In Anerkennung der thailändischen Unterstützung während
des Ersten Weltkrieges gegen Deutschland und Österreich-Ungarn, gaben die
Vereinigten Staaten von Amerika ihre exterritorialen Rechte am 1. September 1920
auf. Japan tat im März 1924 das gleiche. Nach fünf Jahren ausgedehnter
Verhandlungen gab auch Frankreich im Februar 1925 seine exterritorialen Rechte
auf. Großbritannien unterzeichnete ein gleichartiges Abkommen im Juli 1925.
Dieser Zustand dauerte bis zum November 1936, als Japan ein neues Abkommen
über exterritoriale Rechte mit Thailand unterzeichnete, ebenso wie
Großbritannien. Das Abkommen mit Großbritannien gab jedoch alle
Beschränkungen des thailändischen Gerichtsstandes auf und ähnliche Abkommen
wurden später mit den Vereinigten Staaten von Amerika, Belgien, Dänemark,
Schweden und der Schweiz getroffen.