Liebe Tante Frieda,
Ich bin ein wohlhabender Geschäftsmann im Ruhestand und lebe seit ein
paar Monaten in Pattaya. Da ich mein Geld möglichst lukrativ anlegen
möchte, bin ich auf der Suche nach seriösen Investitionsmöglichkeiten.
Für eine Bierbar bin ich wohl zu alt, aber ich bekomme jetzt lauter
interessante Angebote über Email. Verwandte von eingekerkerten und
gefolterten afrikanischen Prominenten suchen Menschen, die ihnen helfen
sollen, gegen eine Superbeteiligung, mehrere Millionen US Dollar nach
Europa zu überweisen. Soll ich ihnen helfen und dabei auch gleichzeitig
Gutes für diese Bemitleidenswerten tun?
Schlafloser Investor
Lieber schlafloser Investor,
Dein gutes Herz und dein Mitgefühl für diese armen, bemitleidenswerten
Kreaturen in allen Ehren. Ich habe das Wort Kreatur mit Absicht gewählt,
da diese Menschen, die solche Briefe schreiben, außergewöhnlich kreativ
sind. Kreativ nämlich im Ausdenken von Lügen und Betrügereinen, denn
darum handelt es sich nämlich.
An deiner Stelle würde ich die schlaflosen Nächte ausnützen, um auch
etwas Kreatives zu tun, vielleicht Stricken oder so ähnlich. Denn glaube
mir, wenn du einen selbstgestrickten Pullover an bedürftige Menschen
verschenkst, hast du mit Sicherheit mehr Gutes getan, als solchen
Betrügern dein gutes Geld in den Rachen zu werfen. Denn darauf kommt es
am Ende immer heraus: sie wollen dein Geld und sind keinesfalls bereit,
das Geld ihrer Urahnen oder sonstigen Verwandten, die auf entsetzlich
schauderhafte Weise ums Leben oder um die Freiheit kamen, zu teilen, da es
dieses Geld gar nicht gibt.
Liebe Tante Frieda,
nach einem arbeitsreichen Leben habe ich mir zum ersten Mal den Luxus
eines langen Ferienaufenthaltes im Lande des Lächelns gegönnt. Nach zwei
Wochen hat mich nun Amors Pfeil getroffen und ich bin mir sicher, dass ich
die Frau fürs Leben gefunden habe. Sie hat mir schon die edelsten
Kaufhäuser, besten Restaurants und teuersten Schmuckgeschäfte in Bangkok
und Pattaya gezeigt und dabei ihren erlesenen und exquisiten Geschmack
unter Beweis gestellt. Vor wenigen Tagen sind wir in einer gemieteten
Limousine im Geburtsort meiner Angebetene vorgefahren, wo wir von ihrer
vielköpfigen Familie auf das Herzlichste begrüßt wurden. Natürlich
habe ich es mir nicht nehmen lassen, diesen netten Leuten eine kleine
Aufmerksamkeit in Form einer Begrüßungsfeier zukommen zu lassen. In
Begleitung ihres Lieblingsbruders sind wir dann zu einem Baugrundstück
gefahren. Dort hat mich mein Herzblatt gebeten, als wahres Fundament
unserer unsterbliche Liebe doch ein gemeinsames Nest einzurichten. Die
Bauprospekte hatte der Bruder praktischerweise schon mitgebracht. Ich bin
nun wild entschlossen, dieses Vorhaben in Angriff zu nehmen, scheue mich
allerdings wegen des Altersunterschiedes von vierzig Jahren noch ein
wenig.
Häuslebauer
Lieber Häuslebauer,
ich bin sicher, dass du die richtige Entscheidung treffen wirst. Es freut
mich zu hören, dass du in deinem fortgeschrittenen Alter noch eine so
hübsche, junge Frau gefunden hast, die soviel Verständnis für dich hat.
Denke dir nichts dabei, dass sie dir in den teuersten Läden das Geld aus
der Tasche zieht, das ist bei Thaifrauen normal und gehört zum
kulturellen Standard. Sicher weißt du auch, dass du als Farang kein
Grundstück in Thailand besitzen kannst, aber da deine Frau dich ja so
sehr liebt, ist es kein Problem, wenn alles unter ihrem Namen laufen wird.
Sei allerdings nicht allzu überrascht, wenn nach der Fertigstellung des
Gebäudes, der Lieblingsbruder mit dem Baseballschlager in der Hand sein
Wohnrecht geltend machen will. Auch dies läuft unter der Rubrik Sitten
und Gebräuche, denn es könnte sich ja um den thailändischen Ehemann
deiner Angebeteten handeln.
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