Liebe Tante Frieda,
ich bin zum ersten Male nach Thailand und Pattaya gereist. Nachdem ich
vierzig Jahre mit meiner, leider vor einem Jahr verstorbenen Ehefrau,
jedes Jahr brav nach Kärnten gegondelt bin, haben mir meine noch lebenden
Freunde geraten, dass ich mir doch auch einmal etwas gönnen und meine
Rente im schönen Siam verleben sollte.
Gesagt, getan. Nun muss ich gestehen, dass ich einer Generation angehöre,
die leider der englischen Sprache kaum mächtig ist. So muss ich jeden Tag
kräftig büffeln, um hier die einheimische Bevölkerung auch nur
ansatzweise zu verstehen.
Als Rheinländer bin ich keinem Frohsinn abgeneigt und deshalb viel mir
auch ein Festival ins Auge. Auf einigen Anzeigen wurde das „Pattaya Gay
Festival 2004 in Boyztown" angepriesen. Nun habe ich einmal in meinem
alten Lexikon unter „gay" nachgeschaut, und siehe da, es bedeutet
lustig, heiter oder vergnügt. Also genau das richtige für mich. Was ich
aber gar nicht verstehen kann, ist das Wort „Boyztown".
„Town" als solches bedeutet „Stadt", aber das Wort „boyz"
konnte ich beim besten Willen nicht finden. Könnte es sich da um „boys"
im Sinne von „Jungs" handeln? Haben die Engländer etwas auch eine
Rechtschreibreform wie wir Deutschen durchgeführt? Ich habe mich gestern
einmal in meinem Hotel nach „Boyztown" erkundigt, und man hat mir
den Weg dorthin beschrieben. Dies hat allerdings meine momentane
Begleiterin mitbekommen und darauf sehr verlegen reagiert. Habe ich etwa
etwas falsch gemacht oder ist sie einfach keine Anhängerin des lokalen
Karnevals?
Erstreisender
Lieber Erstreisender,
Deine Bemühungen, die englische Sprache zu lernen und den deutschen
Karneval auch im fernen Südostasien hochzuhalten in allen Ehren. Um die
einheimischen Sitten und Gebräuche sowie auch die Reaktion deiner
Begleiterin besser zu verstehen, solltest du dir zunächst einmal ein
Wörterbuch zulegen, dass nach der Erfindung des Buchdrucks herausgegeben
wurde. Zudem würde ich dir direkte Feldstudien in Boyztown empfehlen,
allerdings ohne deine Begleiterin. Du wirst feststellen, dass es sich hier
wirklich um vergnügte und heitere Menschen handelt, allerdings ist die
Kostümierung da doch recht etwas dürftig. Des weiteren wirst du
feststellen, dass es sich eigentlich nur um Angehörige des männlichen
Geschlechts handelt, die daran teilnehmen. Vorsicht ist angebracht bei den
Karnevalisten, die wie Frauen aussehen. Wenn du dich bei dieser Art von
Frohsinn wohl fühlen solltest, dann wünsche ich dir viel Vergnügen.
Aber fühle dich nicht zu wohl, sonst wird deine Freundin zurecht ganz
traurig.
Liebe Tante Frieda,
nachdem ich endlich glücklich geschieden bin, wollte ich meinen
wohlverdienten Jahresurlaub in Thailand verbringen. Nun muss ich zu meinem
Entsetzen feststellen, dass die dortige Regierung plant, das Nachtleben
drastisch einzuschränken. Doch von Seiten thailanderfahrener Veteranen
höre ich nun, dass das Ganze eigentlich gar nicht so gemeint sei und es
nur eine der üblichen lokalen Vorgehensweisen der Regierung sei, um die
Zeitungsspalten zu füllen und zur Volksbelustigung beizutragen. Ich bin
nun etwas verwirrt und benötige deinen Rat.
Verwirrter
Lieber Verwirrter,
Deine Konfusion ist verständlich, sogar wir, die wir schon Jahre oder gar
Jahrzehnte in diesem schönen Land leben, verfallen doch immer wieder mal
ins Staunen. Momentan überlässt die Regierung den Provinzgouverneuren
die Entscheidung über die Öffnungszeiten der Nachtlokale. Dies könnte
in der Praxis bedeuten, dass es, trotz allen Ankündigungen, bei der
bisherigen Regelung bleibt. Aber da sind wir uns auch nicht mehr so
sicher, denn das besteht nur, solange, bis sich wieder etwas ändert. Ich
hoffe, ich konnte dir ausreichend Auskunft geben.
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