Der
freundliche Mann mit Vollbart und Brille sitzt auf der Terrasse seines
wunderschönen Restaurants und gestikuliert lebhaft. Das italienische Blut
ist ihm am Akzent, aber auch an seiner Gestik und seinem Temperament
anzumerken.
Sergio Ricone wurde am 5. Dezember 1962 in Turin
geboren, sein Geburtstag fällt also zufällig mit dem des thailändischen
Monarchen zusammen, worauf er stolz hinweist. In seiner Geburtsstadt
besuchte er das humanistische Gymnasium und legte dort erfolgreich das
Abitur ab. „Meine Mutter hätte es gerne gesehen, wenn ich studiert
hätte, aber ich hatte andere Pläne", lacht er ein wenig schelmisch
beim Interview. Allerdings kam etwas dazwischen – eine 18 Meter lange
Segelyacht. Das Studium ließ er aus seiner Liebe zu Segelschiffen sausen
und es trieb ihn schon mit 19 Jahren hinaus in die weite Welt.
Auf eben diesem 18 Meter langen Segelschiff eines
Freundes überquerte er, gemeinsam mit drei Männern und einer Frau, den
Atlantik. „Eigentlich war es gar nicht so abenteuerlich, wie es sich
anhört", erzählt Sergio, „obwohl wir wirklich keinem anderen
Schiff begegnet sind. Die Reise, auf absolut ruhiger See und ohne jeden
Sturm, hat nur drei oder vier Wochen gedauert, aber manchmal war das schon
lange, vor allem weil wir uns nur mit Salzwasser waschen konnten." Er
sinniert weiter: „Man muss das Meer und das Drumherum lieben, um die
Unannehmlichkeiten einer solchen Reise, die unweigerlich auftreten, zu
ertragen", erinnert er sich.
Anschließend schipperte er kleine Touristengruppen mit
besagtem Segelschiff 18 Monate lang durch die Karibik. Dann zog es ihn ins
Silicon Valley in Kalifornien, wo sein Bruder arbeitete. Doch bevor er
dort richtig Fuß fassen konnte, verstarb 1983 sein Vater und er musste
nach Italien zurück, um seiner Mutter beizustehen und im
Familiengeschäft zu helfen. Nachdem alles unter Dach und Fach war, befand
er sich kurz darauf wieder in Kalifornien. Aber in Ermangelung einer
notwendigen „Green Card", einer Arbeitsgenehmigung, brach er sein
amerikanisches Abenteuer endgültig ab.
„Nun wollte ich meine Mutter glücklich machen",
erzählt er. Also studierte er jahrelang politische Wissenschaften, merkte
allerdings noch früh genug, dass dies so nicht sein Fall war und verließ
daher die Universität ohne Abschluss. Zuerst war er Verkäufer einer
Computerfirma, später verkaufte er Autos. Aber Sergio, der geborene
Abenteurer, brauchte eine neue Herausforderung. 1996 war wieder ein
Wendepunkt in seinem Leben. Er traf sich mit seinem Bruder in Südafrika,
genauer gesagt in Transvaal, allerdings ließ sich dort das angepeilte
Geschäft nicht realisieren. „Im Nachhinein bin ich gar nicht so
unglücklich darüber", gesteht er.
Zum selben Zeitpunkt erreichte ihn der Anruf eines
Freundes aus Sansibar. Dieser war gerade dabei, ein Resort aufzubauen und
er suchte noch Partner dafür. Sergio war begeistert und zog in diesen
afrikanischen Staat. Doch beim Resort alleine ließ er es nicht bewenden,
sondern er gründete auch einen Reitstall, „denn den gab es dort
nicht". Allerdings auch keine Pferde. „Erst nach sechs Monaten
hatte ich die dazu notwendigen Pferde", lächelt er. Was er damals
nicht wusste war, dass ein Stich einer Tse-Tse Fliege ein Pferd
unweigerlich tötet und so wurde sein Pferdebestand im Land der Tse Tse
Fliegen erheblich dezimiert.
Der abenteuerlustige Italiener ließ sich aber nicht
unterkriegen und verkaufte den Restbestand und tat das, wofür so viele
Italiener bekannt sind: er eröffnete ein gutgehendes Restaurant direkt am
Ozeanufer. Kaum florierte das Geschäft, da ereilte ihn ein weiterer
Schicksalsschlag. Sein Bruder starb an der Malaria. Wieder kehrte Sergio
heim zur Mutter nach Italien.
Schon während seiner Jahre in Sansibar hatte Sergio
einige Male Urlaub Thailand gemacht, das erste Mal 1999. Zu diesem
Zeitpunkt lernte er seine jetzige Frau Thanaporn (Ban), die in einem
Reisebüro beschäftigt war, kennen und lieben. Nach der Heirat am 2. Mai
2002 („dieses Datum darf ich auf keinen Fall vergessen," grinst
Sergio) lebte das Paar einige Zeit in Italien, wo es ein gutgehendes
Restaurant betrieb, aber Ende Januar 2003 verschlug es ihn endgültig ins
Land des Lächelns. In Thailand kaufte er in Banglamung ein Stück Land,
stellte ein wunderschönes Haus darauf und machte daraus ein tolles
italienisches Restaurant, das er nach seiner Mutter „Miriam"
benannte und das seit zwei Monaten eröffnet ist. Sein Chefkoch hat schon
ein Jahrzehnt Erfahrung mit der italienischen Küche, aber Sergio gab ihm
noch den letzten Schliff. Sergio will aus diesem Geschäft eine
Erfolgsstory machen und man glaubt es ihm, sobald man das Essen probiert
hat.
Ob er in Thailand bleiben wird? „Die Zukunft wird es
zeigen, vielleicht mache ich mal später einen Abstecher nach Kambodscha
oder Vietnam. Wer weiß?", sagt Sergio zum Abschluss.
Übrigens wer „Miriam" ab 17 Uhr besuchen möchte, fährt auf
der Sukhumvit Richtung Siracha, zweigt unter der Brücke Richtung Rayong
auf die 32 ab. Dort geradeaus weiter bis zur Shell Tankstelle auf der
linken Seite. Noch ein Stück weiter bis zum nächsten U-Turn, da wieder
ein Stück zurück und schon sieht man links, etwas in die Soi versetzt,
ein Hinweisschild. Dort fährt man eine Soi entlang durch ein kleines Dorf
und gleich nach der Rechtsbiegung der Straße findet man ihn, den
italienischen Abenteurer Sergio.