Es gibt Menschen, die behaupten, dass das
gesellschaftliche und soziale Leben in Thailand auf drei Prinzipien
aufgebaut ist, die in der thailändischen Sprache alle mit „S"
anfangen: „Sabai" (gut), „Sanuk" (Spaß und Vergnügen) und
„Suai" (Schönheit).
Das erste ist gekennzeichnet durch das schon fast
zwanghafte Streben nach Harmonie und Eintracht in allen Lebensbereichen.
Sanuk und seine Auswüchse konnte man erst vor kurzem beim überschäumenden
Songkran erleben und erleiden. Und das letztere begegnet einem hier auf
Schritt und Tritt. Es gibt Schönheitssalons, Wellness Center und
Schönheitskliniken. Die Zahl der Schönheitswettbewerbe geht in die
Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte. Die beiden letzten Großereignisse im
Alcazar und Tiffany legen ein beredtes Zeugnis ab, dass Schönheit in diesem
Land vor den Geschlechtergrenzen nicht Halt macht. Und die Geschäftswelt
schmückt sich – sei es der Autosalon oder die Eröffnung eines neuen
Einkaufszentrums – mit Legionen hübscher und schlanker Menschen, meist
weiblichen Geschlechts, um die (Einkaufs)Lust anzustacheln.
Und damit sind wir schon beim Stichwort. Der
Schlankheitswahn hat auch das Königreich mittlerweile voll und ganz
erfasst. Wer ein paar Pfunde zu viel hat, hungert sie sich runter, quält
sie sich im Studio bei schweißtreibender Tätigkeit ab oder lässt sich
diese einfach absaugen. Doch was ist mit all den bedauernswerten Menschen,
die entweder nicht über die Zeit, die finanziellen Mittel oder ganz einfach
den Durchhaltewillen verfügen, diesem gesellschaftlich akzeptierten Ideal
gerecht zu werden? Es hat Fälle gegeben, in denen Menschen – meist Frauen
– wegen ihrer Korpulenz keine Anstellung erhielten oder diese erst in
einem langwierigen Prozess einklagen mussten. Dicke werden gesellschaftlich
geächtet, haben weniger Aufstiegschancen und auch bei der Partnerwahl
stoßen sie auf größere Hindernisse als ihre weniger wohlbeleibten
Zeitgenossen. Ein Grund zu resignieren und sich in das Unvermeidliche zu
fügen? Weit gefehlt. Auch für diejenigen mit den paar Pfunden zuviel, gibt
es Hoffnung auf soziale Akzeptanz.
Vor kurzem erst fand in der Nähe von Bangkok ein Jumbo
Schönheitswettbewerb statt. Viele wohlbeleibte Damen aus allen Winkeln des
Königreiches stritten um die Krone der schönsten dicken Frau. Das Ganze
fand großen Anklang und nicht nur in diesem Land. Wer sagt denn eigentlich,
dass schön immer schlank heißen muss? Es gab Zeiten, in denen die
Körperrundungen durchaus als Schönheitsideal galten. Man braucht sich nur
einmal an die Bilder eines Rubens zu erinnern. Und wer weiß denn schon,
dass man im Zeitalter des Barock Waden- und Hüftpolster verwendete, um sein
Äußeres für sich und seien Mitmenschen attraktiver zu machen. Die
Schlankheit ist ein Diktat der Mode- und Unterhaltungsindustrie, welches so
richtig erst nach in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zum
Vorschein kam. Nun soll auf keinen Fall die Fettleibigkeit als Schönheits-
oder gar Gesundheitsideal propagiert werden. Auf die Gefahren der
Übergewichtigkeit für unser körperliches Wohlbefinden werden wir zu Recht
oft genug hingewiesen. Doch man sollte auch akzeptieren, dass jeder Mensch
auch körperlich verschieden veranlagt ist und sich durchaus mit ein paar
Rundungen mehr wohler fühlt als manch ausgehungertes Model. Und es gibt
auch genug Menschen, die dies attraktiv finden. Und somit schließt sich
wieder der Kreis von „Sabai", „Sanuk" und „Suai". Jedem
das Seine.