Die Macht der Sieger

Franz Schmid

Im Sport schüttelt, mit wenigen Ausnahmen, der Sieger dem Unterlegenen die Hand, der Unterlegene gratuliert ihm.

Im Geschäftsleben sieht das schon etwas anders aus. Richtig, auch da schüttelt man Hände, während man ein wolfsähnliches Grinsen zeigt, aber im Inneren denkt man doch etwas ganz Anderes. Wie man vielleicht selbst übervorteilt wurde, wie man es hätte besser machen können – und noch wichtiger für viele Unterlegene, wie man es dem Sieger irgendwie seinen Sieg heimzahlen könnte. Der Sieger im Geschäftsleben denkt meist daran, wie er dem Unterlegenen vielleicht nun, da er verwundbar ist, den letzten finalen Stoß in den Ruin geben könnte. Im Geschäftsleben wird man meist in Schulen, Kursen, Seminaren darauf vorbereitet, ein harter Geschäftsmann zu sein, den anderen zu zeigen, was in einem steckt und ohne Nachgiebigkeit auf seinen eigenen Vorteil bedacht sein.

Im Krieg wird die Sache grausamer. Auch da gibt es, wie es jetzt wieder einmal heraus kam, Schulen, wo man erlernen kann, wie man am wirkungsvollsten foltert. Da ist der Sieger der unumschränkte Herrscher und kann mit den Unterlegenen, den Gefangenen, machen was er will. Egal welches Land der Sieger ist, es ist immer grausam. Das sieht man an den erst kürzlich aufgedeckten Schand- und Gräueltaten eines Landes, das sich immer als der „Führer der Demokratie" ausgegeben hat. Das sieht man an den Gräueltaten gegenüber Gefangenen eines seiner alliierten Länder, einem Land, von dem man vermutet, dass es den wahren Gentleman hervorgebracht hat.

Man sieht nun Bilder, wie man sie sich schlimmer nicht vorstellen kann. Fotos, die an die entsetzlichen Bilder in Afrika während der Aufstände vor vielen Jahren erinnern, an Bilder, die man von Südamerika her kennt, ja an Bilder, die an den zweiten Weltkrieg erinnern.

Damit meine ich nun nicht die Folterungen, die an den Juden begangen wurden, sondern ich spreche von den Schandtaten der Sieger, die in Deutschland einbrachen, als es vom Krieg und einem Wahnsinnigen zermürbt am Boden lag, als es sich nicht mehr aufrichten konnte, weil es ununterbrochen von den Siegern, den „demokratischen Führern" dieser Welt bombardiert worden war. Die Sieger missbrauchten die Frauen auf die schändlichste Weise, die Kinder sowohl als auch die Greise. Massenvergewaltigungen waren an der Reihe, Folterungen wurden durchgeführt und alle Gräueltaten waren erlaubt, da sie ja die Sieger waren. Wie sich die Geschichte wiederholt!

Damals wurden die Folterungen an den Unterlegenen verschwiegen, unter den Teppich gekehrt, da man ja nur das tat, was sie früher getan hatten. Und damals gab es noch nicht diese heute zum Glück weitverzweigte Information über die ganze Welt. Damals mussten die Menschen schweigend leiden. Damals bauten die „Führer der Demokratie" ihren Ruf aus, ein Helfer, ein Freund zu sein und den Unterdrückten beiseite zu stehen, indem sie Care-Pakete schickten und Kaugummi verteilten, während andere Sieger ungestraft foltern und vergewaltigen konnten.

Nun, nach diesen neuesten Bildern, die von den Folterungen im Irak um die Welt gehen, ist wohl der Nimbus des demokratischsten Volkes der Welt, der Gentlemen dieser Welt, nicht nur ins Wanken gekommen, sondern vom Sockel gestürzt. Herr Bush hat seiner Nation wahrlich nichts Gutes getan, mit diesem Krieg, der an den Haaren herbeigezogen wurde. Es gibt nicht Schlimmeres als grausame Taten an Unterlegenen, die man eigentlich aus den Klauen des Nationalsozialismus oder Kommunismus oder von Despoten befreien wollte.