Neulich hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem
hier in Pattaya lebenden Inder. Wir unterhielten uns über die Wahlen in
Indien und den großen Rummel, der nun gemacht wird, da Sonia Ghandi die
Wahl gewann – und es ablehnte (ablehnen musste) Premierministerin zu
werden. Seine Worte möchte ich Ihnen heute nahe legen:
„In Anbetracht des Rummels um den Wahlsieg von Sonia
Gandhi und ihrer Kandidatur zur nächsten im Ausland geborenen
Premierministerin von Indien, möchte ich feststellen, dass viele Menschen
(einschließlich Inder) die Tatsache nicht anerkennen, dass Indien in den
Tausenden Jahren seiner Geschichte ein Schmelztiegel von Menschen aller
Rassen, Glaubensrichtungen und Farben gewesen ist. Wie sieht ein Inder aus?
Schauen Sie einmal genau hin. Sie werden feststellen, dass sie nicht alle
gleich sind. Da gibt es die verschiedensten Hautschattierungen von ganz hell
bis hin zu ganz dunkel. Dasselbe gilt für die Haar- und Augenfarben. Es
gibt (jawohl) blonde Inder mit blauen Augen, andere sind schwarzhaarig mit
dunklen Augen. Man findet die verschiedensten Gesichtszüge dort und auch
die verschiedensten Religionen. Reisende aus der alten Welt, Griechen,
Juden, Ägypter, Perser, Mongolen und Italiener haben während der
Jahrhunderte Indien zu ihrem Heim gemacht. Goa war portugiesisch und hat
immer noch diese Kultur und den Lebensstil beibehalten. Dies ist am
auffallendsten bei den Familiennamen.
Ich glaube, dass es gut sein wird für die Inder, eine
Premierministerin zu haben, die im Ausland geboren ist. Die Inder wollen
doch immer Teil der globalen Familie sein und erfreuen sich am englischen
Lebensstil der Sahibs. Dies ist nun ihre große Chance, es zu tun. Ein wenig
mehr Disziplin und ein bisschen mehr westliche Denkweise wird ihnen enorm
gut tun.
Ich sehe und höre zur Zeit so viele negative Kommentare
über die Tatsache, dass Sonia Gandhi geborene Italienerin ist. Diese
freundliche Frau hat ihr ganzes Leben und die Zukunft ihrer Familie Indien
gewidmet. Nachdem sie die Tragödie, die ihre eigene Familie betraf, den
Mord an ihrem Gatten, Premierminister Rajiv Gandhi, miterleben musste, wäre
es ein Leichtes gewesen, ihre Sachen zu packen und Indien mit ihren Kindern
zu verlassen. Das wäre der einfache Weg gewesen, aber Sonia entschied sich,
in dem Land zu bleiben, das sie liebt und Heimat nennt. Ihre Kinder sollten
im Land ihrer Väter groß werden und, falls das Schicksal es wollte, deren
Arbeit zum Wohle des Volkes fortführen. Sie selbst hatte niemals politische
Ambitionen, sie wurde erst später hineingezogen, da es die Menschen in
Indien so wollten. Das war der Grund, warum sie sich dafür entschieden
hatte, ihr Leben diesen Menschen zu widmen.
Sie hat sich das Recht verdient eine Inderin zu sein und
sollte als wahre Tochter Indiens behandelt werden.
Was ist mit den „echten", den in Indien geborenen
und aufgewachsenen Indern, die aber nun in Übersee leben und vorgeben
modern zu sein? Sie haben absolut nichts für ihr Vaterland getan, aber sie
besitzen trotzdem das Recht ein öffentliches Amt in einem Land zu
bekleiden, dass sie noch nicht einmal mehr als ihre Heimat ansehen.
Inder zu sein richtet sich nicht nach dem typisch
indischen Aussehen oder dem „richtigen Glauben" an eine der
Religionen in diesem mächtigen Land. Inder zu sein bedeutet, indisch im
Herzen zu fühlen und danach zu leben. Auch eine der größten Frauen
Indiens, Mutter Theresa war keine echte Inderin – und dennoch hat sie so
viel mehr für dieses, ihr adoptiertes Land getan, als viele, viele
eingeborene Inder, denn sie hat die Menschen dort geliebt und auch das Land.
Man hätte Sonia Ghandi eine Chance geben sollen. Sie
wollte ein „religionsfreies" Indien schaffen, um allen Menschen dort
die gleichen Rechte einzuräumen. Ich glaube sie hätte Wunder für die
größte Demokratie dieser Welt bewirken können."