Gruppenegoismus

Franz Schmid

Vor einiger Zeit hat die Bahttaxikooperative ihren neuen Vorsitzenden gewählt. Wenn man den Reden der Versammlung aufmerksam zuhörte, hatte man den Eindruck, dass man auf einem anderen Planeten, aber nicht in Pattaya lebt. Dort war von gutem Service für die Passagiere und vorbildlichem Verhalten der Fahrer die Rede. Das kann hier so nicht stimmen. Und da Pattaya ja ein internationaler Tourismusstandort ist, sollen auch noch gleich die Preise für diese ach so vollkommenen Dienstleistungen erhöht werden. Man hat schon Mühe, bei solchen Forderungen ernsthaft zu bleiben: man kann wählen zwischen Zornesröte im Gesicht oder man verweist das Ganze in den Bereich der Satire.

Bleibt man bei den traurigen Fakten, dann bietet sich auch dem wohlmeinendsten Beobachter ein ganz anderes Bild. Hier hat eine Organisation seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, jeden auch noch so kleinen Fortschritt in Richtung auf ein modernes öffentliches Nahverkehrssystem verhindert.

Spektakulärer Höhepunkt war die Verhinderung der Einführung eines funktionierenden Bussystems in Pattaya. Was sich zum Zeitpunkt des Feldversuches entlang der Busspur abspielte, spottete jeder Beschreibung. Mit fast kriminellen Guerillataktiken wurde versucht, die Fahrer und Fahrgäste einzuschüchtern, was nicht unbedingt zur Steigerung der schon geringen Beliebtheit der Bahttaxifahrer beitrug. Und nun haben die blauen Fahrzeuge auch noch die Busspur übernommen und meinen, dass sie sich nicht mehr an Abmachungen mit der Stadtverwaltung zu halten brauchen.

Eigentlich war vereinbart, dass diese vorsintflutliche Gefährte sechs Wochen lang umsonst die Strecke bedienen sollen, doch weit gefehlt. Es liegen täglich Berichte vor, nach denen, wie üblich versucht wird, aus arglosen Touristen und unwissenden Einheimischen überteuerte Fahrpreise herauszuholen.

Es sollte Pflichtbestandteil jedes Reiseführers sein, auf die Machenschaften dieser Leute hinzuweisen. Eigentlich, um sie zu bestrafen, sollte jedem Touristen, der Pattaya wirklich genießen will, abgeraten werden, diese Vehikel zu benutzen. Leider aber fehlen andere Fortbewegungsmittel. Modernes Pattaya? Kein staatliches Transportsystem vorhanden, nur unverschämte Taxifahrer, die viele wichtige Verbindungswege in der Stadt nur zu horrenden Preisen befahren.

Die neue Stadtverwaltung, die erst seit kurzer Zeit im Amt ist, hat hier eine Aufgabe vor sich, mit der sie sich die Gunst der Wähler erhalten und die Sympathien der Touristen und Ausländer verschaffen kann. Man sollte nach Bangkok oder auch nach Chiang Mai schauen, wo energische Schritte unternommen werden, um im Dienste der Bevölkerung ein funktionierendes Nahverkehrssystem auf die Beine zu stellen – und dies mit Erfolg. Energisches Durchgreifen ist gefragt, denn sonst wird Pattaya zum Gespött – oder ist es das bereits?

Der Sieg, den die Bahttaxikooperative gegen die Stadtverwaltung erzielt hat, war ein Erfolg mit Bumerangeffekt. Die blauen Busse sind jetzt noch unbeliebter geworden und für Touristen hat der Ferienort Pattaya wegen der fehlenden Nahverkehrsmittel auch nicht unbedingt an Attraktivität gewonnen. Früher oder später wird so oder so ein modernes Bussystem eingeführt werden müssen. Die Frage ist, ob dies dann noch von der Stadt- oder der Provinzregierung ausgeht, oder gleich in Bangkok entschieden wird. Zweitens muss man sich fragen, ob die Bahttaxis in diesem Konzept dann noch eine Rolle spielen werden. Die Waagschale neigt sich immer mehr gegen diesen Klüngel und es fragt sich, ob ihnen je eine Träne nachgeweint wird.