Hallo Briefkasten,
Wenn man als Tourist in Thailand urlaubt, hat man nur die Möglichkeit mit
der sogenannten einfachen Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Das sind
meistens die dienstbaren „Geister" im Hotel, Kaufhaus, den
zahlreichen fleißigen Handwerkern, den „höflichen" Taxifahrern oder
den Ladys an der Bar. Schnell gewinnt man den Eindruck, Thailand besteht nur
aus Analphabeten und Menschen, die im Eiltempo ihre Erziehung genossen
haben. Wenn die jungen Leute so gut abschneiden könnten, wie unsere
Jugendlichen bei der „Pisa-Studie", wäre das eine Verbesserung von
300 Prozent ihres IQ Wertes.
Dieser Eindruck ist aber falsch. Thailand hat schon
intelligente, wohlerzogene Menschen, nur hat der normale Tourist kaum
Möglichkeiten sie zu treffen. Vielleicht sind wir auch selber Schuld daran,
das die guten Sitten auf der Strecke geblieben sind.
Viele unserer Landsleute, benehmen sich hier wie die „Axt
im Walde". Kein Wunder, wenn die Thais sich die Freiheit nehmen und
genau so auftreten. Wie’s in den Wald ruft, so schallt es eben zurück.
Nirgends habe ich erlebt, dass man so unmissverständlich
um Trinkgelder angegangen wird, wie hier in Thailand. Überall stehen
Gläser oder Kästen mit einem großen Schild, worauf der Hinweis prangt,
ein Trinkgeld einzuwerfen. Vornehme Zurückhaltung, wie mich meine Mutter
gelehrt hat, ist hier nicht bekannt.
Die „Empfangschefs",sprich Kofferträger, stecken
die erhaltenen Baht ein, ohne auch nur andeutungsweise „Danke" zu
sagen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie fünf oder 100 Baht erhalten
haben. Scheinbar glauben sie, dass der Geber dankbar zu sein hat, genau wie
der Thai glücklich ist, wenn er einem Mönch Reis reichen darf.
Leider bin ich nicht mehr so schlank wie bei meinem
ersten Thailandurlaub. Man könnte sagen, ich habe ganz schön an mir zu
tragen. Unsere emanzipierten Frauen halten sich mit dem Slogan „mein Bauch
gehört mir" die Umwelt auf Distanz, wenn es um dieses Körperteil
geht. In Thailand sieht man das etwas anders, zumal wenn es sich um meinen
„Koteletten-Friedhof" handelt. Mein Bauch gehört praktisch
jedermann. Wo immer ich mich bewege, alle glotzen mich an und nur wenige
können der Versuchung widerstehen, meinen Wohlstandshügel auch zu
betatschen.
Dieses Bedürfnis geht durch alle Bevölkerungsschichten,
ob Kind, Polizist, Mann oder Frau, sogar aus einem neben mir haltenden Taxi
kam eine Hand. Ehrlich gesagt, das Gefummel ging mir allmählich auf die
Nerven. Ich machte es mir zur selbstverständlichen Gewohnheit zugreifenden
Ladies im Gegenzug an die Brust zu fassen. Das führte meistens zu
Bocksprüngen und große erstaunte Augen sahen mich an. Was soll’s, dachte
ich, man muss sich halt auf die Landessitten einstellen. Egal ob’s
gefällt oder nicht.
In meiner Straße war ich bald bekannt wie ein bunter
Hund. Wenn ich morgens zum Frühstück das Apartment verließ, machte mich
erst jeder auf meinen Bauch aufmerksam. Die Guten dachten sicherlich, ich
hätte ihn über Nacht vergessen. „pai nai pumbui" fragten sie
mitfühlend. Sollte heißen: Wohin gehst du Fettwanst? Ich antwortete in
lupenreinem Thai-Englisch, „woog woog, luck for ladies".
Dies muss eine Friseuse am Ende der Straße ziemlich
wörtlich genommen haben. Sie bot mir ihre Schwester an. Mein Einwand „I
am a old fat man" ließ sie nicht gelten. „No problem, ei luck Falang
witt guut haad" was so viel heißen sollte „ich halte nach einem
großen Dummkopf Ausschau".
Dass sie diesen gerade in mir zu finden glaubte, empfand
ich nicht sehr schmeichelhaft. Ich hatte dann Gelegenheit, die Schwester
über mehrere Wochen zu beobachten. Sie konnte weder lesen noch schreiben.
Dafür hatte sie aber die Gabe, aus der Hand die Zukunft vorauszusagen.
Interessierte Kundschaft war genügend vorhanden, denn in Thailand gibt es
einen riesigen Markt für allerlei Hokuspokus. Die Angepriesene war die
meiste Zeit damit beschäftigt, ihre Haare zu kämmen, Fuß- und
Fingernägel zu lackieren und sich von einem auf den anderen Sessel zu
räkeln.
Mit so einer Frau in Germany hätte ich das große Los
gezogen. Den Beruf könnte ich an den Nagel hängen, denn zu Hause wartete
ein „full-time-job" auf mich. Die Dame müsste mindestens 3 Mal am
Tag kalt abgewaschen und die empfindlichen Stellen an Po und Rücken geölt
und eingecremt werden, um ein Wundliegen zu vermeiden. Den Haushalt mit
Putzen, Waschen, Bügeln und Essen kochen müsste ich natürlich weiterhin
selber erledigen. Man stelle sich vor, der Liebsten würde einer ihrer
gepflegten Fingernägel abbrechen. Nicht auszudenken. Genau so habe ich mir
immer ein harmonisches Familienleben vorgestellt.
Ich denke, ich bleibe doch besser Single.
Mecky Duchardt, Pattaya