Vogelgrippe – bald eine globale Seuche?

Franz Schmid

Die schlimmste Befürchtung hat sich nun bestätigt: Das Virus der Vogelgrippe scheint erstmals von Mensch zu Mensch übertragen worden zu sein. Die thailändischen Behörden gaben bekannt, dass die 26-jährige Pranee Thongchan dem Virus H5N1 erlag, der diese Krankheit auslöst. Auch eine Untersuchung ihrer Schwester ergab, dass diese ebenfalls infiziert wurde.

Die beiden Frauen betreuten die kranke Tochter der 26-Jährigen. Die Tochter ist vermutlich auch an der Vogelpest gestorben. Das konnte aber nicht mehr festgestellt werden, da der Leichnam des elfjährigen Kindes sofort eingeäschert wurde.

Dies ist wieder ein typisches Beispiel für den Umgang der Behörden mit solchen schweren Vorkommnissen. Es wird einfach heruntergespielt, und erst wenn internationale Organisationen Nachforschungen anstellen, gibt man dies scheibchenweise nach der berühmten „Salamitaktik" zu. Aber dieser traurige Vorfall hat den Premierminister anscheinend nicht zu weiterem Nachdenken angeregt. Forsch – wie es seine Art ist – hat er angeordnet, dass die zuständigen Behörden die Vogelgrippe innerhalb von 30 Tagen in Thailand auszurotten hätten. Internationale Experten konnten darüber nur den Kopf schütteln. Wie soll das in die Praxis umgesetzt werden? Das erinnert an den englischen König Canute, der am Strand stand und der Flut verbot an den Strand zu schlagen. Nun, auch er bekam nasse Füße...

Das Virus wird wahrscheinlich von Zugvögeln, in der Hauptsache Enten, verbreitet. Diese Vögel erkranken aber nicht, sondern andere Tiere, aber auch Menschen, die mit dem Kot der infizierten Vögel oder den Tieren selbst in Berührung kommen, werden vom Virus befallen. Das ist auch der Grund, dass Fälle von Vogelgrippe immer wieder im Land aufflackern, sogar in Gegenden, wo man glaubte, die Seuche schon besiegt zu haben. Anfang des Jahres sind mehr als 100 Millionen Tiere dem Virus H5N1 zum Opfer gefallen.

Wenn die Seuche total bekämpft werden soll, wäre dies nur möglich, indem man sämtliche Vögel in Thailand tötet, und nicht nur Nutztiere wie Hühner, Enten oder Puten. Doch das ist wohl unrealistisch, die Auswirkungen sind nicht abzuschätzen, da die Insektenpopulation explosionsartig zunehmen würde. Auch ist es unwahrscheinlich, dass man die beliebten Kampfhähne vom Leben zum Tode befördert, da diese Tiere für ihre fanatischen (und meist reichen und einflussreichen) Besitzer einen nicht zu unterschätzenden Wert haben. Kampfhähne werden bis zu 100.000 Baht gehandelt. Die illegalen Wettkämpfe sind fester Bestandteil der Untergrundwirtschaft.

Inzwischen geht auch die Angst vor einer weltweiten Seuche, die in Asien ihren Ursprung hat, in Regierungskreisen der USA um. Es gibt bereits einen Notfallplan, der von 207.000 Toten in den USA ausgeht. Millionen von Infizierten würden das Gesundheitssystem zum Kollaps bringen. In Deutschland gibt es einen ähnlichen Plan für den „Fall der Fälle". Ein Impfstoff ist jedoch noch nicht in Sicht.

Eine weitere Horrorvorstellung ist, dass das Virus mutieren könnte. Chinesische Wissenschaftler haben erklärt, sie hätten bei Schweinen (diese haben ein ähnliches Immunsystem wie der Mensch) einen Stamm des H5N1 Virus gefunden. Dieser kann sich leicht mit einem gewöhnlichen Grippevirus vermischen und wäre dann von Mensch zu Mensch übertragbar.

Die Haltung der thailändischen Regierung in dieser Frage ist leider unverständlich. Was in solchen Fällen nötig ist, sind keine forschen Anordnungen, die vom Ansatz her schon undurchführbar sind, sondern Offenheit gegenüber der eigenen Bevölkerung. Schönrederei und Vertuschen helfen niemandem weiter, im Gegenteil, die Glaubwürdigkeit nimmt Schaden.