Adventszeit

Franz Schmid

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt... Das waren die Reime und Gesänge, die man früher zu meiner Kindheit vor vielen Jahren, noch im Kreise der Familie wenigstens am Sonntagabend beim gemeinsamen Mahl im Schein der Adventskerzen aufgesagt oder gesungen hat. Manche zündeten die Kerzen am Adventskranz auch täglich an. Aber bereits in meiner Jugend war das Leben von Hast und Eile geprägt und man fand während der Woche nicht viel Zeit dazu. Wir Kinder allerdings freuten uns auf das tägliche Öffnen der Fenster im Adventkalender. Damals fand man noch keine kleinen Geschenke oder Schokolade darin vor, sondern Bilder. Hübsch gemalte Motive, bei deren Betrachten wir dann langsam einschliefen und vom nahen Weihnachtsfest träumten. Damals wurde auch das Weihnachtsfest noch nicht gar so arg vermarktet. Die Adventszeit war zwar schon eine Vorbereitungszeit für die Einkäufe der Geschenke, die am 24. Dezember unter dem Christbaum liegen sollten, aber dennoch war es immer noch eine Zeit der Besinnlichkeit, der inneren Einkehr.

Leider können dies viele Kinder der westlichen Welt oder besser gesagt in der Welt, in welcher der Kommerz herrscht, nicht mehr erfahren. Die Kinder stellen nun bereits Forderungen an die Eltern, was sie alles zu Weihnachten erwarten. Da werden keine Briefe mehr ans Christkind geschickt, in der Hoffnung, dass sich wenigstens ein oder zwei Wünsche erfüllen würden und man dann dafür dem lieben Christkind auch wirklich dankbar war. Heutzutage werden die teuren Geschenke nicht mehr selbst von den Eltern gekauft oder gebastelt. Sie werden oft von der Sekretärin des Vaters ausgesucht oder per Katalog von der Mutter bestellt – Hauptsache sie sind teuer. Meist verreisen die Familien auch oft zur Weihnachtszeit, um dem Winter in den kalten Ländern zu entfliehen. Das ist gut und schön, aber dadurch rückt Weihnachten noch mehr in den Hintergrund. Vielleicht wird auf die Schnelle zur „Christmasparty" im Hotel, die meist unpersönlich sind, noch schnell ein –sicher wieder teures – Geschenk ausgetauscht.

Auch in Thailand wird Weihnachten gefeiert. Nicht von den Thais, obwohl sie dieses Fest lieben, denn da können sie beim Verkauf von Waren und im Tourismusgewerbe so richtig zuschlagen. Hier werden bereits im November die Christbäume in den Geschäften, Einkaufszentren und überall aufgestellt. Weihnachtslieder plärren aus allen Anlagen, sei es nun im Supermarkt oder den berühmten Bierbars. Die Barmädels tragen kurze Santa Claus Kleider und Zipefelmützen, um die potentiellen Kunden fürs Lokal und nachher fürs Bett anzuheizen. Das Ganze wird monatelang so übertrieben, dass es auch dem stärksten Anhänger von Weihnachten zuviel wird und die ganze Vorfreude auf den Heiligen Abend verflogen ist, bis es endlich soweit ist.

Keiner denkt mehr, von ein paar Priestern abgesehen, an den wahren Grund für die Adventszeit, den wahren Grund für Weihnachten: die Geburt von Jesus Christus. Vielleicht sollten wir versuchen, in diesem Jahr wieder einen Adventskranz aufzustellen, um im sanften Licht seiner Kerzen die Vorfreude auf das Christfest zu spüren und den wahren Gedanken an Weihnachten zu pflegen.