Geschichtliche Streiflichter

Der Aufstieg Bangkoks

Duncan Stearn

Teil 4: Die Millionenstadt (1947-1990)

In den meisten Ländern gibt es große Unterschiede zwischen den Löhnen in den Städten und auf dem Lande. So auch in Thailand. Im Mai 1957 verfügte die Regierung eine Begrenzung von nur noch 200 chinesischen Zuwanderern pro Jahr.

Dies führte zu einem Anstieg der Löhne in Bangkok, da billige Arbeitskräfte schwieriger zu finden waren. Dadurch wurde Bangkok zu einem verlockenden Ort für Menschen auf der Suche nach höherem Einkommen.

Der Sieg der kommunistischen chinesischen Armee von Mao Tse Tung im Jahre 1949 brachte einen Rückgang von Geldzuwendung chinesischer Einwanderer in Thailand an ihre Verwandten auf dem Festland China. Das führte zu langfristigen Investitionen im Inland von in Thailand lebenden Chinesen.

1950 hatte Bangkok etwa eine Million Einwohner. Chiang Mai, die zweitgrößte Stadt des Landes, kam auf etwa 50.000 Einwohner. Ab 1950 wuchs die Hauptstadt doppelt so schnell wie der Landesdurchschnitt. Die Verstädterung nahm ab 1959 dermaßen zu, dass Fahrräder, eine Erinnerung an ein verflossenes Zeitalter, von den Straßen der Altstadt und Geschäftsviertel verschwanden.

Im Jahre 1950 hatte Thailand nur 6.000 Kilometer nationale Landstraßen und nur 800 Kilometer davon waren gepflastert. 1966 waren die Landstraßen auf 11.000 Kilometer angewachsen, davon die Hälfte gepflastert. Die Verbesserung des Straßennetzes führte zum Aufstieg von Busunternehmen, die von den Provinzen in die Hauptstadt fuhren. Dies unterstützte die Einwanderung der ländlichen Bevölkerung nach Bangkok, da während der 50er Jahre des 20.Jahrhunderts die Löhne in Bangkok deutlich die der Löhne auf dem Lande zu übertreffen begannen und einen Umzug in die Hauptstadt attraktiver machte.

Die Kehrseite dieses Zustroms in die Riesenstadt war der Anstieg von Elendsvierteln. Seit den 1960er Jahren ist dies bis heute ein auffälliger Umstand. Das Anwachsen der Elendsviertel ging mit dem Bau und der Erweiterung größerer Landstraßen einher, welche die Provinzen mit der Hauptstadt verbanden und gleichzeitig mit der Verbreitung von Fernsehen und Radio.

Während des Zweiten Indochina-Kriegs, besser als Vietnam-Krieg (1965-1973) bekannt, war eine interessante wirtschaftliche Erscheinung zu beobachten, da eine große Anzahl von amerikanischen Soldaten und Frauen entweder in Thailand stationiert waren, oder von Thailand aus abreisten. Ihre Ausgaben machten 30 bis 40 Prozent des gesamten thailändischen Exports aus.

Im Jahre 1975 verdienten die Menschen in Bangkok im Durchschnitt doppelt so viel wie in anderen Gegenden des Landes. In den 1980ern erzielte Bangkok 30 Prozent des nationalen Bruttossozialprodukts.

Im Jahre 1986 übertraf der Export von industriellen Gütern den von landwirtschaftlichen Produkten. In diesem Jahrzehnt wurde auch der Tourismus in Thailand zum Exportgut Nummer Eins. Zwischen 1960 und 1990 wuchs die industrielle Produktion jährlich um etwa 12 bis 13 Prozent, die landwirtschaftliche Produktion nur um drei Prozent. Im Jahre 1951 hatte die Landwirtschaft mehr als 50 Prozent des Bruttosozialproduktes erbracht, im Jahre 1990 fiel es auf 12 Prozent. Während im Jahre 1951 10 Prozent auf die industrielle Produktion entfielen, waren es im Jahre 1990 etwas über 39 Prozent.

Die meisten industriellen Anlagen befanden sich in und um Bangkok. Dieser arbeitsintensive Wirtschaftszweig brauchte billige Arbeitskräfte und die Bevölkerungsanzahl der Hauptstadt stieg im Jahre 1990 auf sieben Millionen an.