Professor Ulrich Werner

Der große schlanke Professor mit dem weißen Haarschopf wurde 1958 in Essen geboren. Er stammt, wie er selbst sagt, aus einer typischen Mittelklassefamilie. „Ich hatte eine herrliche Kindheit, obwohl ich der einzige Sohn meiner Eltern war", erinnert er sich gerne an die Zeiten im Ruhrgebiet zurück.

In Essen ging er zur Schule, fing sein Studium als Bauingenieur an, „obwohl ich eigentlich Pädagogik studieren wollte", wirft er ein. Nach zwei Jahren brach er dann sein Studium ab, weil er einsah, dass es nichts für ihn war – und außerdem wollte er Geld verdienen. Also fuhr er Taxi, eröffnete bald darauf sein eigenes Taxiunternehmen und auch kurz darauf seinen eigenen Buchverlag in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung in Gelsenkirchen. Studenten schrieben ihre Manuskripte auf den damals noch neuen Computern, bevor die Bücher gedruckt wurden.

Dieses aufreibende zweigleisige Leben beendete der Professor erst im Jahre 1989. Da erhielt er ein Angebot von einer Nichteisenmetallfirma, die Importgeschäfte von Russland und Polen tätigte. Das Angebot war lukrativ, die Arbeit interessant. Professor Werner hatte die gesamte Abwicklung und Organisation unter sich. „Zu den Zeiten von Tschernobyl war das aber manchmal stressig. Da mussten wir bei jeder Lieferung erst einmal mit dem Geigerzähler rumlaufen", erzählt er. Bei dieser Tätigkeit bis zum Jahre 1992 arbeitete er praktisch auch selbstständig. Er musste viel reisen und flog oft mit einigen Millionen Dollar in der Weltgeschichte herum.

Beileibe nicht, wie in Filmen dargestellt mit Handkoffer und Kette ums Handgelenk, sondern „wie ein Penner mit Plastiktüte und kein Mensch hätte je vermutet, dass ich so viel Bargeld mit mir rumschleppe. Ich hatte nie Angst, dass ich überfallen werden könnte", sagt der Professor, „außer einmal, als eine Bank in Deutschland mir im öffentlichen Kundenraum 2,3 Millionen US Dollar ausbezahlte. Da kam ich ins Schwitzen."

Für Ulrich Werner, der sein Leben lang seine eigenen Entscheidungen treffen musste, war es einmal etwas Neues, das Angebot von Software & Systemhaus anzunehmen, das er später bekam. „Es war eine Herausforderung für mich, einmal einen echten Chef über mir zu haben", sagt er.

Während seiner Arbeit dort erweckten Computertechniker mit ihrer eigenen Sprache sein Interesse. Er baute daraufhin einen eigenen Computer mit eigenem Netzwerk. 1994 ging er zurück zur Schulbank und schloss in einer Fachhochschule von Wirtschaftsverbänden seine Ausbildung in Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik ab.

So nebenbei arbeitete Ulrich Werner auch für die EU und schrieb gemeinsam mit Jürgen Zimmerling das Buch „Schutz vor Rechtsproblemen im Internet", das im Springer Verlag erschienen ist.

Seinen Eltern zuliebe blieb er in Essen, obwohl er eigentlich weg wollte. Im Jahre 1989 verstarb seine Mutter, und als dann 1996 auch sein Vater starb, hielt ihn nichts mehr zurück. Ulrich Werner wanderte, nachdem er seine beiden Diplome in der Tasche hatte, ab in die Schweiz. Er bekam einen Traumjob in der Telekommunikationsforschung. Sein Kollege dort war Engländer, der kein Wort Deutsch konnte, dafür sprach Ulrich nach cirka drei Monaten perfekt Englisch, was ihm später zugute kam.

Nach drei Jahren in der Schweiz, als die Konjunktur im Abstieg begriffen war, erhielt Ulrich ein Angebot der Ramkhamhaeng Universität in Bangkok als Gastdozent einzuspringen. „Bevor ich zusagte, habe ich mir im Internet erst einmal Unterlagen über Mentalitätsunterschiede rausgesucht. Trotzdem habe ich angenommen und schnell rausgefunden, dass die Thailänder sehr freundschaftlich eingestellt sind. Kaum war ich nach diesem Gastspiel in der Schweiz zurück, entschied ich mich spontan in Thailand zu arbeiten."

Gesagt, getan! Acht Monate lag er hier auf dem Trockenen, bis er endlich bei der Thammasat Universität eine Stellung fand. Das war der Zeitpunkt, sich häuslich in Pattaya einzurichten und sein Apartment in Bangkok aufzugeben.

Nun wohnt er in Pattaya, aber arbeitet wieder in Bangkok. Denn es trieb ihn zurück zur Ramkhamhaeng Universität, bei der er nun als außerordentlicher Professor in Wirtschaftsinformatik tätig ist. Nebenbei hat er noch Gastdozenturen in Marketing und Volkswirtschaft an der Burapha Universität.

Seine Studenten mögen ihn, weil er so untypisch für einen Professor ist und sich nicht scheut in Jeans und T-Shirt zu unterrichten. Auch seine Kurse und Vorträge bereitet er immer erst auf den letzten Drücker vor. „Ich brauche Stress," gibt der Professor zu, „dann kann ich am besten arbeiten."

In seinem ganzen Leben hat Ulrich Werner immer eine Rolle als Vermittler zwischen Techniker und Kaufmann gespielt und kann daher seinen Studenten nicht nur das nötige Wissen, sondern auch seinen eigenen Schatz an Erfahrung mitgeben.