„Haben Goethe und Schiller für mein Business eine
Bedeutung" war der Titel des Vortrages von Wolfried Scheffler, einem
langgedienten „Goetherianer". Wilfried Scheffler, ein Duisburger, der
Germanistik, Philosophie und politische Wissenschaften in Köln und Freiburg
studiert hat, hat sein ganzes Leben Goethe gewidmet und daher auch natürlich in
den verschiedensten Goethe Instituten die letzten Jahre immer als Leiter
gearbeitet, von Indien angefangen, über Jakarta, Singapur, Brunei, Manila,
Kanada und natürlich auch einige Male in Deutschland.
Die
versammelte „Mannschaft" des DSU-Treffs.
Es gibt 127 Goethe Institute, die von der Kulturabteilung und
vom Auswärtigen Amt finanziert werden, nach Schwerpunkten ausgesucht. Aber die
Zahl ist rückläufig, speziell in Nordamerika. Gab es dort 1991 noch fünfzehn
Institute, sind es heute nur mehr deren acht. Wilfried Scheffler ging auch auf
die Geschichte ein und erzählte, dass es bereits während des Tausendjährigen
Reiches eine Akademie der deutschen Sprache gab – also einen Vorläufer des
Goethe Institutes.
Interessierte
Zuhörer (von links) Waltraud Kretschmar, Monika und Eberhard Podleska und
Dieter H. Précourt.
Jetzt wird Wilfried Scheffler in zwei Monaten 66 Jahre alt
und wie es im Lied von Udo Jürgens so schön heißt, beginnt dann erst sein
Leben richtig. Wenn auch ein wenig anders als er gewöhnt ist. Wo er seinen
Ruhestand verbringen will, ist noch nicht sicher. „Wahrscheinlich auf den
Philippinen, aber ganz sicher irgendwo in Asien", gesteht er.
Walter
Kretschmar (rechts) stellt den Gastsprecher Wilfried Scheffler (links) vor.
Walter Kretschmar, der vielseitige Direktor vom TGI und
diesmalige Leiter der Veranstaltung, stimmte die Gäste mit einem Auszug aus
Goethes Faust, Tragödie 1. Teil „Nacht" ein. Er sagte auch scherzhaft,
dass man ein Sachse sein müsse, um Goethe wirklich zu verstehen und gab als
Beweis den angeblich letzten Ausspruch Goethes zum besten, als dieser auf dem
Sterbebett lag: „Mer lischt – mehr lischt – mer lischt hier so
schlecht".
Wilfried Scheffler antwortete darauf mit den „Notizen zum
Faust" aus dem Gespräch mit Eckermann. Zwischendurch zitierte er, zur
besseren Erklärung immer wieder aus Werken der Literatur, hauptsächlich
natürlich aus Goethes. Dann kam er auf das Hauptthema: „Welche Bedeutung
haben Goethe und Schiller für mein Business? Die Frage, in ihre
grammatikalische Vergangenheit, gestellt liest sich so: ‚Hatten Goethe und
Schiller für mein Business eine Bedeutung, früher?‘ Ich wage die These,
früher hatten sie keine, heute müssen sie, nehme aber die Buchhändler und
Verlage dabei aus. Warum holte sich Carl August, Herzog von
Sachsen-Weimar-Eisenach, 1775 den 26-jährigen Volljuristen Johann Wolfgang von
Goethe in seine Residenz? Wohl kaum aufgrund dessen beruflicher Qualifikation,
wiewohl dem Bestallten diese vorzüglich zugute kamen. Warum brachte der
französische König das Universalgenie Leonardo da Vinci ins Schloss Blois?
Wohl kaum ging es ihm alleine um den Kunstgenuss."
Herbert
Jäger (rechts) der in Kürze nach Deutschland zurückkehrt, stellt seinen
Nachfolger beim DEG, Bernd Parting (stehend) vor.
Nach genaueren Ausführungen ging Wilfried Scheffler dann auf
die heutige Zeit ein: „Globalisierung, Outsourcing, Merger – das mögen
Banalitäten für Sie sein. Aber darüber zerbrechen sich viel andere den Kopf.
Warum, so fragt sich ein Laie in Wirtschaftsfragen, ist WEGA heute ein
japanisches Produkt, warum wird Airbus International als französischer
Verkaufsschlager präsentiert? Bevor Sie also entscheiden, dass Goethe und
Schiller als ein „Muss" in die Aufgabenliste Ihrer PR-Abteilung kommt,
hier noch einige Hinweise: Jährlich wird von der Vertretung Frankreichs ein ‚French
Spring‘ Festival veranstaltet. Mit AF, BNP, Alcatel, Michelin, Dior und
Chanel, Aubade, und auch Verlockungen für Gaumen und Nase fehlen nicht. Oder
die Briten. Täglich wird die Leserschaft mit Anzeigen konfrontiert, die England
als Studienplatz anpreisen.
Eine zentrale Strategie wie die französische existiert bis
heute nicht in Deutschland, wird nicht als notwendig angesehen. Wir hatten und
haben Zentren, aber kein Zentrum. Ob aber eine weltwirtschaftliche,
geopolitische Umstrukturierung uns diese Haltung, diesen fehlenden ‚corps d’esprit‘
weiter gestattet?
Erst in jüngster Zeit entfiel das Naserümpfen bei der
Berührung von Kultur und Geld. Olivetti platzierte sich bei einer Ausstellung
Anfang der 90er Jahre im Römisch-Germanischen Museum in Köln wie folgt: ‚Glas
der Cäsaren – präsentiert von Olivetti‘.
Bis in die 70ger Jahre des letzten Jahrhunderts standen
Goethe und Schiller in Deutschland auf der einen, die Wirtschaft auf der anderen
Seite, mit wenigen verbindenden Brücken. Von den Höfen über die
Bürgerschaften bis zur öffentlichen Hand war das Kulturschaffen lange Zeit ein
geachtetes und daher finanziell gesichertes Aushängeschild der
bildungsbewussten Gesellschaft. Änderungen traten ein, als die
Ausgabenabteilung in allen Gebietskörperschaften sich verschob – zu Ungunsten
von Bildung und Kultur.
Durch den Einbau von Goethe und Schiller können Sie
Veranstaltungen ermöglichen, deren Finanzierung sonst nicht zustande käme,
wobei Ihr Beitrag seine Herkunft aus dem Geschäftsleben nicht mehr erkennen
lässt, Sie aber dennoch Gegenleistungen erhalten. Goethe und Schiller sind
Kooperationspartner für Ihr Business heute, das unter diesen sich wandelnden
Umständen durch den Partner frischen Wind in die Segel während einer Flaute
erhält."