Franz
Schmid
Rund 44 Millionen Wahlberechtigte waren in Thailand am 6.
Januar zur Stimmabgabe aufgerufen worden. Am Wahlsonntag war eine
außerordentlich hohe Wahlbeteiligung zu verzeichnen.
Gleich nach den Wahlen bedankte sich der alte und neue
Ministerpräsident Thaksin Shinawatra bei seinen Wählern und erklärte sich
zum Wahlsieger. Die Oppositionspartei hatte bereits zuvor ihre Niederlage
eingeräumt.
Seine Partei, Thai Rak Thai (Thais lieben Thais), konnte
von den 500 zur Verfügung stehenden Parlamentssitzen 399 erringen. Dieser
haushohe Sieg kam für viele überraschend.
Thaksin sah sich in seiner Amtszeit großen
innenpolitischen Problemen gegenüber. Der „Krieg gegen die Drogen"
mit Tausenden von ohne Gerichtsurteil Exekutierten brachte ihm nicht nur aus
dem Ausland Kritik ein. Die Unruhen im Süden versuchte er mit aller Härte
und gnadenlos niederzuschlagen. Damit verscherzte er sich die Sympathien
moderater Moslems. Ein Denkzettel war auch die letzte Gouverneurswahl in
Bangkok, die an die Demokratische Partei verloren ging.
Kritiker des milliardenschweren Großunternehmers
befürchten eine weitere Zunahme des ohnehin schon autoritären
Führungsstils. Für Thais mit ihrem Gesellschaftsverständnis des
Patronagesystems stellt er jedoch die ideale Führerpersönlichkeit dar. Die
Einführung der 30 Baht Gesundheitsfürsorge hat ihm gerade bei der
Landbevölkerung große Sympathien eingebracht und die schnelle materielle
Bewältigung der Tsunami-Katastrophe steigerte sein Ansehen.
Thaksin braucht nun zur Regierungsbildung keinen
Koalitionspartner. Die Thai Rak Thai Partei ist nun in der Lage, Gesetze
ohne Absprachen mit Bündnisparteien zu verabschieden, selbst
Verfassungsänderungen sind möglich. In Europa hat man bereits mit so
genannten starken Männern schlechte Erfahrungen gemacht. Populistische
Aktionen wie billige Kredite kommen aber bei der Masse der Bevölkerung gut
an, die sich ansonsten kaum um Politik schert. Und hier liegt die Gefahr des
Machtmissbrauchs, wenn die Führung eines Staats nur auf eine Person
zugeschnitten ist. Es fehlt eine legitime demokratische Kontrolle, wie das
zum Beispiel in Deutschland durch den Bundesrat der Fall ist, in dem die
Länder vertreten sind. In Thailand haben die Provinzen kaum Einfluss auf
die zentrale Regierungspolitik in Bangkok.
Im Oktober 1997 trat die 16. Verfassung des Landes seit
der Abschaffung der absoluten Monarchie im Jahre 1932 in Kraft. Gegen den
starken Widerstand konservativer Kräfte in Verwaltung, Militär, Polizei
und Politik durchgesetzt, wurde die Verfassung von zahlreichen in- und
ausländischen Beobachtern als Meilenstein auf dem Weg Thailands zur
rechtsstaatlichen Demokratie betrachtet.
Es ist nun leicht möglich, dass sich Thailand zu einem
Einparteiensystem mit autokratischen Zügen entwickelt. Es liegt nun an den
Abgeordneten der Thai Rak Thai, ob sie die in der Verfassung vorgesehenen
demokratischen Kontrollrechte ausüben. Schon in der ersten Amtszeit waren
einige Vorgänge zu beobachten, die auf eine rückläufige Entwicklung der
Demokratie schließen lassen, wie zum Beispiel die Auseinandersetzungen mit
einigen Presseorganen und Fernsehsendern. Diese Entwicklung hat bisher
jedoch kein die Demokratie als solche bedrohendes Niveau erreicht.
Die Verpflichtung der Abgeordneten ist groß. Sie sollen
und müssen das Wohl der Allgemeinheit im Auge behalten und ihre
Entscheidungen nicht nach parteipolitischen Grundsätzen fällen. Um diesem
Anspruch gerecht zu werden, stehen den Abgeordneten vier harte Jahre bevor!