Der Kampf um den guten Geschmack

Warum wir Menschen würzen, 1. Teil

Elfi Seitz

Man kann sich Gourmet oder Gourmand nennen, eines bleibt sicher, der anspruchsvolle Genussmensch will mehr als das Salz in der Suppe oder den Curry auf der Wurst. Man will den Gaumenkitzel, das Non Plus Ultra spüren.

Die Lebensmittelindustrie hat diese Wünsche längst durchschaut und entwickelte in aller Stille Tausende von Aromen. Es gibt bereits vom Rinderbraten-Geschmack über gekochte Erbsen auch Geschmacksrichtungen wie Cola oder tropische Früchte. Und trotzdem haben sich die klassischen Gewürze bis heute behauptet. Nicht ohne Grund, wie wir gleich sehen werden.

Nur Menschen würzen ihr Essen. Der Grund, warum wir gerne etwas zu uns nehmen, was ohne jeden Nährwert ist, wird einfach als „es schmeckt besser" erklärt. Diese Erklärung genügt allerdings bei weitem nicht. Beweis Nummer eins: Pfeffer.

Eines der wichtigsten Importgüter aus dem Orient war der damals sehr teure Pfeffer. Reiche wurden als Pfeffersäcke bezeichnet, da diese Kaufleute den Pfeffer, den sie bei Venezianern kauften, in Nürnberg zum fünffachen Preis verkauften. Trotz der Preise wurde Pfeffer in Unmengen verbraucht.

Einige Ernährungswissenschaftler führen dies darauf zurück, dass durch Pfeffer der Geschmack verdorbenen Fleisches übertüncht wurde. Dagegen spricht allerdings, dass in den armen Ländern, wo der Pfeffer wächst, Fleisch nicht damit behandelt, sondern schnell verbraucht wird, da es sonst zu starken Vergiftungen kommen würde.

Der wirkliche Grund für den Pfefferkonsum liegt in den Scharfstoffen, da sie überaus wirksam gegen Darmparasiten sind. Darum wird in Ländern mit wenig Hygiene scharf gewürzt – und außerdem ist Pfeffer ein Stimmungsmacher. Das Brennen, das man beim Genuss empfindet, ist eigentlich nur Schmerzempfindung.

Das Gehirn schüttet daraufhin Endorphine (körpereigene Opiate, die gleichzeitig „Aufheller" sind) aus, die den Schmerz an Gaumen und Zunge dämpfen und man deshalb glaubt, sich an die Schärfe gewöhnt zu haben. Und darum gibt es Menschen, die geradezu süchtig nach scharfem Essen sind, aber nicht nach der Schärfe selbst, sondern nach dem Endorphin-Kick.

Ähnlich ist es mit Muskatnüssen. Die Früchte des in den Tropen weit verbreiteten Muskatbaumes haben nicht nur würzende Eigenschaften, sondern sind auch giftig. Drei Nüsse können bereits eine tödliche Wirkung haben.

Die Hippies aus den 60-er Jahren griffen danach, wenn ihnen das Haschisch ausging. Denn die Nüsse verursachen Lachkrämpfe und Halluzinationen. Toxikologen beschreiben die Wirkung von Muskat so: „Ungefähr zwei bis fünf Stunden nach Einnahme setzt eine leichte Bewusstseinsveränderung bis hin zu intensiven Halluzinationen ein. Obwohl visuelle Halluzinationen weniger häufig sind, als dies bei LSC oder Meskalin der Fall ist, kommt es zu deutlichen Veränderungen des Raum- und Zeitgefühls."

Muskatnuss kommt in Drogen wie Mysristicin, Elemicin und Safrol vor, Mittel, die eindeutig eine psychotrope Wirkung besitzen. Vor allem Myristicin wird von der Leber in ein Amphetamin umgewandelt, das die doppelte Wirksamkeit von der Droge Meskalin hat.

Mehr über Gewürze in der nächsten Ausgabe.