Der Kampf um den guten Geschmack

Warum wir Menschen würzen, 2. Teil

Elfi Seitz

Exotische Gewürze sind nicht mehr so teuer und inzwischen bezahlbar, aber sie sind und bleiben eine kleine Köstlichkeit. Deshalb sollte man auch einiges beachten, um sie immer frisch und aromatisch zu halten. Zum Beispiel sollte Ingwer, Pigment, Zimt und Koriander nur ungemahlen eingekauft werden, und nur bei Bedarf gerieben oder gemahlen oder im Ganzen mitgekocht werden, dann behalten sie das Aroma. Denn fein gemahlene Gewürze verlieren schnell an Geschmack.

Um Aromen geht es auch im Krieg der Anbieter und nicht mehr um die teuren, edlen Gewürze. Wer also im Wettlauf um die Käufer vorne liegen will, lässt forschen. Psychophysiker untersuchen in aller Welt die Essensinstinkte der Menschen. Da werden die Reaktionen der Geschmacksnerven und auch das Gefühlsleben während des Essens geprüft. Und wenn man die Ergebnisse vorliegen hat, werden die Gewürzmittel wie Ketchup aromatisiert, oder das Knuspern von Chips optimiert oder gar das Abschmelzverfahren der Schokolade auf den Gaumen eingestellt.

Damit das jeweilige Produkt auch wirklich auf die Psyche des Konsumenten eingestellt ist, wird auch das Mundgefühl, der Wärmeeindruck, angeregt.

Gerade bei Kartoffelchips ist man auf diesem Gebiet äußerst erfolgreich. Ein riesiges physiologisches Wissen machte die profane Kartoffel zu einem „unwiderstehlichen Esserlebnis". Das gelang mit Hilfe von 2-Methoxy-3-äthylpyrazin, da es sehr intensiv und appetitanregend riecht. Nach frischen Bratkartoffeln eben.

Es noch viele andere Möglichkeiten, um „echtes Chipsgefühl" zu vermitteln oder mit 1-Methoxy-3-isobutylprapazin eine scharfe Puszta-Romantik in die Tüte zu bringen. Das alles macht den Verbraucher abhängig, um nicht zu sagen „süchtig" nach diesen Araomastoffen. Die Tüte mit den Kartoffelchips ist beim Fernsehen ein Muss, denn bei Action-Filmen braucht man was zum abreagieren und deshalb sind die knusprigen Chips, die mit gnadenloser Kieferkraft zersplittert werden, ungeheuer wichtig. Denn damit wird man mit jedem Bösewicht im Film spielend fertig.

Es bedeutet also, dass man ohne Aromastoffe bei Imitaten, Fertiggerichten und alle anderen neuartigen Produkten nicht mehr auskommt.

Um aber ja nicht auf die falsche Seite des Gesetzes dabei zu geraten, haben Juristen die ganze Sache mit einer sauberen Weste umgeben. Der Verbraucher merkt nicht einmal, dass er eigentlich geleimt wird. Die Aromastoffe müssen nämlich keineswegs von den Früchten, nach denen sie benannt sind, stammen. Aus Zedernholzöl zum Beispiel wird ein „natürliches" Aroma nach Himbeergeschmack hergestellt, während verschiedene Schimmelpilze dafür sorgen, dass andere Aromen nach Pfirsich, Apfel und Kokosnuss riechen.

Echtes Aroma besteht aus vielen verschiedenen Duftstoffen. Der menschliche Geruchssinn kann sie aber nicht unterscheiden und weiß daher nicht, ob der Geruchseindruck Kaffee, Tee oder Erdbeer ist.