Warum wir Menschen würzen, 4. Teil
Elfi Seitz
Ein guter Koch braucht kein Glutamat! Es sei denn, es
handelt sich um einen asiatischen Koch, denn in Asien wird Glutamat ein
wenig anders eingesetzt. In Verbindung mit Reis bleiben die schlechten
Nebenwirkungen, von denen ich gleich erzählen werde, nämlich weitgehend
aus.
Die Wirkung von Glutamat ist nicht nur auf unsere
Geschmacksnerven begrenzt. Bei älteren Tieren stimuliert Glutamat die
Fresslust und wird deshalb zur Mast empfohlen. Und wie so häufig gilt
auch für den Menschen, was fürs Vieh gilt. Auch der Mensch wird dadurch
zum Mehrverzehr angeregt. Dies wurde in einem eindrucksvollen Versuch an
Bewohnern eines Altenheimes und an jungen Studenten ausprobiert. Alle
aßen im Laufe der Zeit schneller und wesentlich mehr, was sich natürlich
auf ihr Gewicht auswirkte.
Erhalten neugeborene Tiere Glutamat, leiden sie an
Unfruchtbarkeit, verstärktem Fettansatz und gleichzeitig Kümmerwuchs.
Warum allerdings die Fettsucht hervorgerufen wird, kann nur vermutet
werden, da die Zunahme an Körpergewicht und die dadurch bedingte Bildung
von Fettpolstern nicht mit der aufgenommenen Futtermenge in Verbindung
steht. Es wird daher eine Art Masteffekt angenommen, vergleichbar mit der
Verabreichung von Sexualhormonen.
Eine der bekanntesten Nebenwirkungen, die aber auch
sehr umstritten sind, ist das sogenannte „China-Syndrom". Nach dem
Essen in asiatischen Lokalen oder Suppenküchen klagen viele Menschen
anschließend über Druck in der Brust, Taubheit im Nacken, Übelkeit,
Hautbrennen und Jucken und Kopfschmerzen. Es wurde festgestellt, dass
diese Nebenwirkungen besonders dann auftreten, wenn glutamatreich
gewürzte Suppen auf leeren Magen gegessen werden. Bei besonders
empfindlichen Personen genügen oft schon ein bis zwei Gramm Glutamat., um
diese Symptome hervorzurufen.
Nahrungsmittelexperten hatten natürlich nach dieser
Feststellung sofort wieder einen Rat auf Lager: Betroffenen dürfen die
„ganz sicher harmlose" Tagesmenge von acht Gramm (vom Jahre 1987)
eben nicht auf einmal zu sich nehmen und schon gar nicht auf nüchternem
Magen. Das bedeutet, dass man vor jeder Mahlzeit etwas essen soll.
Inzwischen ist diesen Herren noch ein weiterer Streich
gelungen, indem nun von Amts wegen Glutamat in beliebiger Menge als
harmlos erklärt wurde. Eigentlich erstaunlich, da sehr viele Mediziner
Glutamat mit zahlreichen Nervenleiden wie Alzheimer, Parkinson, Epilepsie
oder Veitstanz in Verbindung bringen, da dadurch der Glutamat-Stoffwechsel
im Gehirn gestört wird. Denn, obwohl Glutaminsäure im Gehirn eine
wichtige Steuerfunktion ausübt, kann es bei überempfindlichen Menschen
zur gegenteiligen Reaktion kommen.
Bei Kindern wurden häufig epileptische Anfälle,
Migräne und Hyperaktivität festgestellt. Denn Apotheker hatten Glutamat
als „Gedächtnispillen" oder „Intelligenzsäure" verkauft,
damit die schulischen Leistungen der Kinder angeregt wurden. Das Gegenteil
war aber der Fall, wie Tierversuche ergaben: Lernschwierigkeiten mit
abwechselnd Passivität und Hyperaktivität waren die Folge.
Da Glutamat nun einen schlechten Ruf hat, wird auf „Hefeextrakt
mit verstärktem Glutamatanteil" zurückgegriffen. Der Effekt ist
derselbe, das Etikett sieht aber gesünder aus. Dasselbe gilt für „Brühe",
„Würze" und andere Geschmacksanreicherungen, die ebenfalls
vollgepumpt sind mit Glutamat. Die Moral von der Geschichte: der Anbieter
macht den erhofften Umsatz, der Kunde bekommt sein „gesundes"
Etikett.