Elfi Seitz
Mel Leary wurde in Pittsburgh, Pennsylvania geboren,
spricht aber perfekt Deutsch. Denn nur zwei Monate, nachdem er im Juni
1955 auf der Highschool graduiert hatte, meldete er sich zur
amerikanischen Armee. Er kam sofort nach der Grundausbildung zum Einsatz
in Deutschland. Dort, in Friedberg, kam er zur „3. Armored Divison"
und wurde beim „1-37-Armored Rifle-Battalion" eingesetzt.
Der Name Friedberg ruft Erinnerungen hervor. Moment
mal, Elvis Presley, der König des Rock ’n’ Roll, war der nicht auch
dort? „Ja", bestätigt Mel. „Ich habe ihn während seines
Einsatzes dort jeden Tag gesehen. Er war beim ,Armored Tank Battalion‘
im Rang eines ,Private 1. Class‘. Ich war damals schon Corporal
(Unteroffizier)." Meine Frage: „Musste er, der doch im Rang
niedriger war, vor Ihnen salutieren?" „Nein", erwidert Mel,
„in der amerikanischen Armee muss man nur vor Offizieren salutieren.
Aber gerade deshalb haben wir uns öfter gut unterhalten. Wir trafen uns
nämlich manchmal auch bei der Essensausgabe. Und ich sah ihn jeden Tag,
wenn er mit seinem Auto an uns vorbei aus der Kaserne fuhr. Denn wir
normalen Sterblichen mussten immer am Kasernentor warten, bis Elvis das
Gelände als Erster verlassen hatte. Und erst dann, obwohl die Ansage ‚Elvis
has left the building‘ nicht durchgegeben wurde, durften auch wir nach
Hause gehen. Die Warterei dauerte manchmal nur 10 Minuten, konnte sich
manchmal allerdings bis fast zu einer Stunde ausdehnen, ganz nach Laune
von Elvis." „Und wohin fuhr Elvis meist? Ging er auch mal gemeinsam
mit euch aus zum Trinken, oder so", ist meine nächste Frage. „Nein",
sage Mel, „das kam nur sehr selten vor. Elvis hatte sich doch damals
frisch verliebt, in Priscilla, seine spätere Frau, die Tochter eines
amerikanischen Offiziers. Und da fuhr er dann nach seinem Dienst immer
hin. Ist ja auch verständlich", lächelt Mel. Die beiden waren ja
unsterblich verliebt ineinander.
Im Jahre 1959 verließen dann zufällig beide, Elvis
und Mel, Friedberg. Elvis kehrte zum Showgeschäft in die USA zurück. Mel
ging nach Italien, wo er sechs Jahre verbrachte. Daher spricht er, sehr
unüblich für die meist nur englischsprachigen Amerikaner, auch fließend
Italienisch. Nach Italien kam er wieder nach Friedberg zurück, wo er bis
zu seiner Pensionierung, im Range eines Oberrstleutnants, blieb. Auf die
Frage, wo in Deutschland es ihm am besten gefallen hatte, kommt die
spontane Antwort: „In München. Ich war jedes Jahr dort beim
Oktoberfest!"
Mel hatte in der Zwi-
schenzeit eine Deutsche aus Hanau geheiratet und drei Kinder mit ihr
bekommen: zwei Töchter und einen Sohn. Leider ging aber die Ehe nach 13
Jahren in die Brüche. Die Frau bleib in Deutschland, alle drei Kinder
heirateten aber AmerikanerInnen und leben seit damals in den Vereinigten
Staaten.
Nach seiner Entlassung aus der US Armee arbeitete Mel
drei Jahre lang für die amerikanische Botschaft in Frankfurt. Nach 22
Jahren Deutschland ging er zurück in die Staaten, nach Anaheim in
Kalifornien, wo er Manager einer Verleihwagenfirma wurde. Später zog er
nach Columbia in Süd-Carolina und eröffnete dort ein
Sportbekleidungsgeschäft. Er belieferte hauptsächlich die
Luftwaffen-Basen in den südöstlichen Staaten der USA. Als im Jahr 1991
der erste Golfkrieg ausbrach, war alles vorbei. Er gab sein Geschäft auf
und arbeitete bis 1995 in einer Stahlfirma. Nachdem er einen Besuch bei
seiner anderen Tochter in Michigan gemacht hatte, entschloss er sich, nach
Deutschland zurück zu kehren. Aber er war entsetzt über die dort
angestiegenen Preise, also ging es wieder zurück nach Michigan. Es gefiel
ihm auch dort nicht mehr. Er versuchte es also nochmals mit Deutschland
und dann sogar mit Italien, aber das Leben war nicht mehr dasselbe dort,
wie Mel es gewöhnt war.
Mit zwei Freunden besprach er sich nach seiner
Rückkehr in die Staaten, wohin sie sich zurückziehen sollten. Die Wahl
zwischen den Philippinen und Thailand fiel auf letzteres. Alle drei leben
seither hier in Pattaya, sind glücklich mit Thaifrauen verheiratet und
gehen nur noch einmal jährlich auf Besuch in die Staaten. „Das heißt,
ich bin jedes Jahr zwei Wochen in Deutschland, zwei Wochen in Italien und
den Rest verbringe ich dann bei meinen Kindern in den USA", erzählt
Mel. „Ich bin glücklich hier in Thailand, jeder Tag, jedes Erlebnis ist
für mich fantastisch und ich weiß, dass ich niemals mehr hier weggehen
werde."