Ein Wettbewerb mit Fragenzeichen

Franz Schmid

Die Wahl der Miss Universum (Miss Universe) findet in diesem Jahr zum ersten Mal in Thailand statt. Thailand hat dafür 265 Millionen Baht locker gemacht, um in aller Welt für diese Veranstaltung zu werben. Vor allen Dingen ging es darum, die breite Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Thailand nach der Tsunami-Katastrophe zur Normalität zurückgekehrt ist. Regierungsvertreter und Unternehmer wollen das Königreich als überwundene Tsunami-Zone zeigen und Thailand soll jetzt als beliebtestes Touristenziel Südostasiens und Taucherparadies dargestellt werden.

Die Schönheiten wurden gleich nach ihrer Ankunft zu Photo- und Videoaufnahmen nach Phuket gebracht. Der Minister für Tourismus und Sport, Somsak Thepsutin, erklärte, der Besuch der Kandidatinnen in Phuket sei ein gewaltiger Werbeeffekt für die Strände Thailands: „Die Bilder der vom Tsunami zerstörten Insel gehören der Vergangenheit an. Die Miss Universum Kandidatinnen bringen Schönheit nach Phuket."

Miss Universum Deutschland, Asli Bayram, sagte, vor ihren Augen lebten die schrecklichen Bilder der Tsunami-Katastrophe wieder auf, und während sie am Strand von Phuket spazierte, erinnerte sie sich ihrer damaligen Gefühle der Hilflosigkeit und Sprachlosigkeit. Aber solche Äußerungen stören das harmonische Bild und die Veranstalter wollten die Vergangenheit lieber ruhen lassen.

Auf der nahe gelegenen Insel Phi Phi, die Drehort für den Hollywood-Film „The Beach" war, surften und schnorchelten ein halbes Dutzend Schönheitsköniginnen, aber sie wurden von den am meisten vom Tsunami betroffenen Gegenden der idyllischen Insel ferngehalten. Etwa 700 Menschen starben in den Todeswellen und ein großer Teil der touristischen Infrastruktur liegt noch in Trümmern. Ein Besuch dort hätte wohl keine fröhlichen und lockeren Photos und Filmaufnahmen gebracht.

In Bangkok war man nicht so feinfühlig. Mit Bikinis bekleidete Kandidatinnen wurden vor der Kulisse des Tempels Wat Arun (Tempel der Morgendämmerung) abgelichtet. Die Photos erschienen auf der offiziellen Webseite der Veranstalter und auf den Titelseiten zahlreicher Tageszeitungen. Auf der Webseite blieben sie aber nicht lange. Religiöse Führer und Kulturwächter waren empört. „Kurz vor den Feierlichkeiten des buddhistischen Schlüsselfeiertages Visakha Bucha werden wir an die Lehren Buddhas erinnert. Wir haben solche Dinge zu lange erlaubt, und dies wird das Land mit Sünde für eine lange Zeit kennzeichnen", sagte der Mönch Phra Thep Dilok, Leiter des Nationalen Zentrums für buddhistische Öffentlichkeitsarbeit. Der Vorsitzende des Tourismuskomitees des thailändischen Senats, Suradech Yasawat, erklärte, die Bilder hätten dem Ansehen des Königreichs geschadet. Nach soviel Kritik verschwanden die Bilder dann auch von der Webseite, da 90 Prozent der Bevölkerung Buddhisten sind und jede geringfügige Äußerung gegen die Religion einen Aufschrei der Öffentlichkeit nach sich zieht. Obwohl Bangkok mit Hunderten Go-Go-Bars einen Ruf als Sexhauptstadt Südostasiens hat, in der „alles geht", fühlen sich Thais bei der Zurschaustellung von Nacktheit in der Öffentlichkeit unbehaglich. Der Premier, ganz das Geschäft im Auge, bat seine Landsleute, nicht überzureagieren.

In zahlreichen Ländern sind die Misswahlen umstritten. Schweden und Österreich beispielsweise entsandten keine Kandidatin. Der schwedische Veranstalter, Panos Papadopoulos, erklärte bitter: „Feministinnen zwangen mich, die Bewerbung zurückzuziehen."

Miss Universum Indonesien, Artika Sari Devi, hat auch Probleme mit der Geistlichkeit zuhause: „Es gibt in Jakarta eine Kontroverse über das, was der Koran sagt, und die Diskussion in den Tageszeitungen über die angemessene Badebekleidung beim Wettbewerb. Aber die Präsentation in Badebekleidung ist nur ein kleiner Teil des Wettbewerbs, ich sehe da kein Problem."

Das einflussreiche und konservative „Indonesian Ulemas Council" sieht das anders. Man will zu einem Beschluss kommen, zukünftig moslemische indonesische Frauen mit einem religiösen Haram (Arabisch für den Ausschluss aus der islamischen Religionsgemeinschaft) zu belegen, die an Schönheitswettbewerben teilnehmen. „Das ist Pornografie und Veranstaltungen dieser Art verletzen religiöse Werte", sagte Ma’aruf Amin, Vorsitzender der Richtlinienkommission des islamischen Rates.

Nicht nur die Feministinnen und konservativer Klerus kritisieren solche Misswahlen als Fleischbeschau und mit der Würde der Frau nicht vereinbar. Trotzdem sind die zahlreichen regionalen und überregionalen Ausscheidungswettbewerbe bei jungen Frauen sehr beliebt - als eine willkommene Möglichkeit Karriere zu machen, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vielleicht begehrter als je zuvor.