Franz
Schmid
Nun lebe ich ja schon seit vielen, vielen Jahren im
Königreich Thailand, aber so viel Fürsorge wie es zur Zeit gibt, ist mir
in all den Jahren bisher nicht widerfahren.
Danke, Herr Premierminister, denn durch Ihre persönliche
Aufmerksamkeit und Fürsorge darf ich jetzt als mündiger Bürger bereits
viel früher schlafen gehen als ich vielleicht in meinem Unverstand
vorgehabt hätte. Die Lokale sperren seit längerer Zeit um ein Uhr früh zu
– also Zeit genug für all die Farangs und vor allem die
erholungsbedürftigen Touristen ihren Schönheitsschlaf zu genießen. Die
Thais dürfen meist ungestraft weiter die Nacht zum Tag machen – aber wie
es Doppelpreise gibt, gibt es auch Doppelmoral.
Meine Frau ist Raucherin, ich nicht. Ich bin dem Herrn
Premierminister unendlich dankbar, dass er mich nicht mehr den Gefahren des
„Mitrauchens" aussetzt. Außerdem kann ich beim Abendessen im Lokal
nun ganz alleine in einem klimatisierten Raum sitzen, während sich meine
Frau mit all unseren Freunden draußen in der Hitze bei Feuer und Rauch
abschwitzen muss. Meine Unterhaltung mit meiner Frau und meinen Freunden
beschränkt sich während dieser Essen verständlicherweise auf Gesten, die
wir durch das angrenzende Fenster (falls vorhanden) austauschen können.
Aber das ist gar nicht so schlecht, muss ich doch dadurch keine unangenehmen
Fragen meiner Urlaubsgäste bezüglich der Sperrstunden beantworten.
Allerdings fiel mir in einigen Lokalen auf, dass die
Gäste dort nicht nur den Lastern des Essens und Trinkens, sondern auch des
Rauchens frönten. Wie kommt das? Irgendwie verstehe ich anscheinend die
neuen Gesetze doch nicht so gut – oder liegt es daran, dass ich zwar der
Thaisprache sprechenderweise mächtig bin, aber sie nicht so gut lesen kann,
um eventuelle juristische Klauseln zu übersehen? Oder sollte es andere
Gründe haben? Was ich mir allerdings nicht gut vorstellen kann, da
hierzulande doch alles mit rechten Dingen abgeht!
Da ich vorher auch das Trinken erwähnt habe, fällt mir
ein, dass der liebe Herr Premierminister auch fürsorglich die Menschen von
allzu viel Alkoholgenuss abhält. Welch eine edle Geste! Nun brauchen die
Touristen endlich nach einem heißen Tag vom Strand kommend und sich auf ein
kühles Bier freuend, nicht mehr in einen Supermarkt oder Tante-Emma-Laden
wanken, denn sie erhalten dort zu bestimmten Zeiten keines. Wie löblich!
Aber die Touristen sind eben unbelehrbar, die kaufen sich nun das Bier auf
Vorrat ein, denn in fast jedem halbwegs guten Hotel gibt es einen
Kühlschrank. Die Jugendlichen, die eigentlich von diesem Verbot betroffen
sein sollten, tun dasselbe. Sie kaufen eben spät abends oder des frühen
Morgens ein – und weil man immer mehr einkauft, wenn man Hunger oder Durst
hat, auch dementsprechende Mengen.
Bis jetzt hatte ich immer sehr viele Freunde, die mich
hier im sonnigen Land des Lächelns besucht haben. Aber in letzter Zeit
werden sie weniger, denn sie haben hier durch diese Bestimmungen das
Lächeln langsam verlernt! Auch dafür danke ich dem Herrn Premierminister,
brauche ich doch nun nicht mehr den Reiseleiter zu spielen und spare mir
auch zudem noch viel Geld.
Ich freue mich bereits jetzt auf die Zeit, wo ich am
einsamen Strand in Pattaya sitzen werde, meine rauchende Ehefrau neben mir
(sollte es bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch erlaubt sein) und auf die
ausgestorbenen riesigen Apartmenthäuser und Hotels starrend, von denen
langsam die Farbe abblättert, weil niemand mehr da ist, der darin wohnt.
Ach, wird diese Zeit schön werden, und ich hoffe, ich werde dabei den Herrn
Premierminister treffen, wie er sich die Haare raufend am Strand herumläuft
und nach zahlenden Touristen Ausschau hält!