Der Fehlalarm

Franz Schmid

Die thailändischen Behörden haben aus der Tsunami-Tragödie vom 26. Dezember im Indischen Ozean gelernt. Nach Schätzungen verloren damals in elf asiatischen Ländern mehr als 225.000 Menschen ihr Leben, etwa 1,7 Millionen Menschen wurden obdachlos und bis heute werden noch knapp 50.000 Menschen vermisst.

Die thailändische Regierung stand damals unter schwerer Kritik. Ihr wurde vorgeworfen, nicht rechtzeitig reagiert zu haben. Angeblich sei sie aufgrund von Informationen in der Lage gewesen, frühzeitig eine Warnung herauszugeben. Die einzige Konsequenz, die aus diesen Beschuldigungen gezogen wurde, war die Entlassung des Leiters des Nationalen Meteorologischen Instituts.

Doch diesmal war man sehr vorsichtig. Nach einem Seebeben der Stärke 7,3 auf der Richter-Skala in der Inselkette der Nikobaren am vorvergangenen Sonntag wurde eine Tsunami-Warnung über Fernseh- und Rundfunksender gegeben, die ihre laufenden Programme unterbrachen. Die Nikobaren liegen zwischen Indien und Thailand. Da die Riesenwelle jedoch ausblieb, wurde der Alarm 90 Minuten später wieder aufgehoben, ebenfalls über Radio und Fernsehen.

Grund für den Alarm war die Mitteilung des Tsunami-Warnzentrums für den Pazifik auf Hawaii, dass das Seebeben eine verheerende Riesenwelle erzeugen könne, welche die Küsten im Umkreis mehrerer Hundert Kilometer bedrohen könne. Glücklicherweise ist dieser Fall nicht eingetreten.

Anders als in Thailand sah man in Indien und Sri Lanka keine Bedrohung und die Bevölkerung wurde nicht gewarnt.

Fehlalarme verleiten dazu, etwas spöttisch auf die Behörden herabzublicken, welche die Situation falsch eingeschätzt haben. Doch dies ist hier fehl am Platze. Die Eindrücke der Katastrophe vom letzten Dezember sind noch zu frisch, um vergessen oder gar verdrängt zu werden. Auch wenn ein Tsunami nur alle paar Jahrhunderte in Thailand auftritt, ist doch Wachsamkeit geboten, um so viele Menschenleben wie möglich durch eine Warnung zu retten.

Die thailändischen Behörden haben ihre Aufgaben in diesem Falle sehr ernst genommen und damit der Bevölkerung bewiesen, dass sie die Situation sehr wohl beurteilen können und nicht in einen Dornröschenschlaf gefallen sind.

Eine Naturkatastrophe kann von den Menschen nicht verhindert werden. Die einzige Möglichkeit, den Verlust an Menschenleben so gering wie möglich zu halten, ist eben ein Alarm, der sich diesmal zum Glück als unbegründet herausgestellt hat. Den Behörden gebührt Dank für ihre Umsichtigkeit und die Spötter sollten schweigen.