Wie kann es möglich sein, dass Verbrecher offen und frei in Pattaya leben?
Franz
Schmid
Heute, als ich mir Gedanken machte, welches Thema für
die Gedanken zur Woche ich wählen könnte, fiel mir ein Bericht auf, der in
dieser Ausgabe veröffentlicht ist, die Verhaftung eines deutschen
Drogenkönigs in Pattaya, der sich bereits seit mehr als drei Jahren hier
aufhält.
Ich las, dass der gute Mann in Deutschland ein
Motorradgang-Mitglied war, bereits seit einigen Jahren deswegen und wegen
Drogenvergehen gesucht wird. Die deutsche Presse bezeichnete ihn nach seiner
Verhaftung in Pattaya als „Schneekönig", da er einmal mehr als drei
Kilogramm Heroin nach Deutschland geschmuggelt hatte.
Gut, der Mann ist nun hinter Gittern und wird es
wahrscheinlich auch einige Jahre in Deutschland bleiben. Aber jetzt kommen
mir eben die Gedanken: Warum wurde dieser Mensch nicht schon viel früher
gefasst?
Er sah nämlich keinesfalls „gewöhnlich" aus. Von
sehr großer Statur, mit langen Haaren, die ihm im Pferdeschwanz am Rücken
runterhingen und vor allem mit seinen vielen Tätowierungen, ist er
eigentlich eine Person, die jedem sofort auffällt. Vom vernarbten
Raubvogelgesicht ganz zu Schweigen.
Dieser Mann hatte sich keinesfalls in Thailand „versteckt",
wie man aus den Berichten lesen konnte, sondern er betrieb seine Geschäfte
voll und ganz in der Öffentlichkeit. Er besaß eine gutgehende Bar, war
Mitbegründer und Mitbesitzer vom „Elvis-Pub" in der 2. Road und
ließ sich in diesen Etablissements auch regelmäßig sehen, und jeder
kannte ihn. Jeder, ob es nun Urlauber, Einheimische, Residenten oder
Polizisten waren. Ein echter Grund zum Nachdenken, finden Sie nicht auch?
Er tat sich sogar bei einigen Wohltätigkeitsfesten
hervor, wo die Presse – jawohl, auch die aus Deutschland – vertreten war
– und keiner merkte etwas. Tja, was soll man sich dabei nur denken?
Vielleicht denken nun einige: „Ja, aber die Polizei, die sollte doch
informiert sein?"
Das wirft nun wieder den Gedanken auf, wie weit die
Polizei von den Botschaften oder den Regierungen informiert wird. Es wirft
aber noch wesentlich mehr Gedanken auf. Könnte es vielleicht sein, dass so
mancher darüber informiert war, aber das Schreiben, mit dem man informiert
wurde, ganz einfach verlegt hatte? Wieder ein echter Grund zum Nachdenken,
richtig?
Aber es war ja nicht nur er – es gibt von dieser Art so
viele, dass man sie gar nicht mehr zählen kann. Ist es nun
Gleichgültigkeit, die die Menschen schweigen lässt? Ist es Angst vor
Repressalien? Ist es Angst davor, selbst erwischt werden? Oder spielen da
noch so manche andere Dinge eine Rolle? Wir wissen es nicht, und wir wollen
es lieber den Lesern überlassen, sich selbst eine Vorstellung davon zu
machen.