Die Öffentlichkeit trägt die Folgen eines Tankerunfalls

Franz Schmid

Aus dem japanischen Tanker „Ryuhu Maru" flossen vor zwei Wochen beim Löschen 30 Tonnen Rohöl aus Oman, das für die Thai Oil Raffinerie in Sriracha bestimmt war, in die See. Das Unglück geschah cirka drei nautische Meilen vor der Udom Bucht. Glücklicherweise konnte eine Ölpest an den touristischen Stränden der Ostküste verhindert werden. Doch nicht immer geht es so glimpflich ab.

Öltanker transportieren jährlich knapp zwei Milliarden Tonnen Rohöl und Ölprodukte über die Weltmeere. In immer schnellerer Folge sind in den letzten Jahren Öltanker auf Grund gelaufen oder auseinandergebrochen - mit meist katastrophalen Folgen für die Umwelt. Immer mehr Öl wird über die Weltmeere transportiert, um den immer größeren Durst danach zu löschen. Aber die Tankerflotte wird immer älter...

Fast jedes Jahr ereignen sich allein vor den europäischen Küsten mehr oder weniger große Umweltkatastrophen. Die Folge ist die Ölverseuchung der betroffenen Strände und Gewässer. Die meisten Tankerunfälle haben verheerende Folgen, weil die betroffenen Schiffe nicht über eine zweite Außenhülle verfügen. Diese zweite Schiffswand kann bei einem Unfall oft das Austreten größerer Ölmengen verhindern.

Die Folgen für Umwelt und Wirtschaft in den betroffenen Regionen sind gravierend und haben lange Nachwirkungen. Durch die im Öl enthaltenen Giftstoffe, die sich weiträumig in den Weltmeeren verteilen und sich in der Nahrungskette anreichern, sind Umwelt und Natur weltweit beeinträchtigt, und damit auch die Gesundheit vieler Menschen.

Unmittelbar betroffen sind die durch die Ölpest verseuchten Gewässer mit den darin lebenden Meerestieren, deren Bestände durch Massensterben drastisch reduziert werden, wodurch sich das Nahrungsangebot auf allen Stufen der Nahrungskette stark eingeschränkt wird. Die giftigen Substanzen im Öl töten massenhaft Kleinstlebewesen im Meer, Hauptnahrungsquelle für Fische, die in der Folge an Nahrungsmangel sterben müssen, wenn sie nicht unmittelbar durch Ölverschmierung oder Sauerstoffmangel getötet wurden.

Am Ende der Nahrungskette stehen die Menschen, die vom Fischfang, der Fisch- oder Muschelzucht leben: Sie sind binnen Tagen ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt. Die ölverschmierten Strände schrecken außerdem Touristen ab, damit versiegt eine weitere (oft die wichtigste) Einnahmequelle in den betroffenen Regionen. Die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen bedrohen die betroffenen Menschen und Regionen oft in ihrer Existenz.

Oft haben auch schwerwiegende Fehlentscheidungen von Regierungen weitreichende und verheerende Folgen. Ein Beispiel ist der Unfall der „Prestige" vor der galizischen Küste im November 2002. So weigerte sich damals die spanische Regierung, dem Rat des Kapitäns und von Umweltschützern zu folgen, den Tanker in einen Hafen zu schleppen und abzupumpen. 40.000 Tonnen Schweröl liefen damals aus und verschmutzten über 3000 Kilometer der spanischen und französischen Küste.

Ständig werden neue Ölfelder erschlossen, oft liegen diese in Gebieten mit bedrohten Tierarten. Ein Beispiel ist die Halbinsel Sachalin an der russischen Pazifikküste. Hier liegt nach Einschätzung vieler Ölkonzerne eine der profitträchtigsten Öl- und Gasregionen der Welt. Durch die Projekte der Ölindustrie sind hier die letzten Grauwale in Gefahr.

Es ist der Ölindustrie bisher nicht gelungen, die Ölwirtschaft und die Natur in Einklang zu bringen. Appelle der Öffentlichkeit und von privaten Umweltschutzorganisationen stoßen auf taube Ohren. Die Selbstreinigungskräfte der Natur sind nicht unbegrenzt. Dies alles spielt beim gnadenlosen Wettstreit um die Ausbeutung der Bodenschätze, beim Kampf um Gewinnmaximierung und hohe Profite keine Rolle.

Die längerfristigen Folgekosten von Tankerun-
glücken werden letztendlich über Steuern und erhöhte Produktpreise auf die Allgemeinheit abgewälzt, auch das ist leider in unserer Gesellschaft Tatsache.