Ein Leben für den Rudersport
Peter Nordhues
Rudern ist in Thailand
eine relativ junge Sportdisziplin. Erst seit zehn Jahren wird diese
Sportart professionell betrieben. Eine Wegbereiterin dafür war die
Trainerin der thailändischen Nationalmannschaft, Phuttaraksa (Pat)
Neegree.
Die 31-Jährige wurde in einem kleinen, auch heute noch schwer
zugänglichen Karen-Dorf in der Nähe von Mae Hong Son in der Provinz
Chiang Mai geboren. Sie hat noch vier Geschwister,
Karen haben ihre eigene gesprochene und schriftliche Sprache, die mit
keiner anderen Sprache der Welt direkt verwandt ist. Thailändisch lernte
sie erst auf der Schule.
Phuttaraksas Lebensgeschichte klingt wie ein Märchen. Sie ist der Beweis
dafür, dass hart arbeitende und zielstrebige Menschen aus kleinen
Verhältnissen es schaffen können, zu internationalem Ruhm zu gelangen.
Phuttaraksa hat sich alles in ihrem Leben selbst erarbeitet, vom
Schulbesuch und Universitätsabschluss angefangen bis zu ihrer Karriere
als Ruderin.
Sie studierte an der Universität von Chiang Mai vier Jahre
Betriebswirtschaft und stieß 1996, ebenfalls in Chiang Mai, zum ersten
Ruderklub Thailands. Zu dieser Zeit war es sicherlich übertrieben, von
einem Ruderklub zu sprechen. Im Grunde bestand dieser nur aus einer
kleinen Gruppe von Enthusiasten, die auf dem Fluss Ping in ihrer
Freizeit Kajak fuhren. Aber es war etwas Neues und die nationale Presse
griff das auf.
„Ich war über die Resonanz dieser Artikel sehr überrascht, damit hatte
ich gar nicht gerechnet“, lacht Phuttaraksa heute. Es fand sich ein
Holländer, der ein richtiges Ruderboot zur Verfügung stellte und dazu
drei Monate kostenloses Training gab.
„Kurz danach gab es eine weitere Überraschung“, sagt Phuttaraksa. „Ein
in Thailand lebender Australier, der Mitglied der australischen
Nationalmannschaft war, unterstützte uns mit Rat und Tat, deshalb zogen
wir ein Jahr später nach Rayong um und trainierten dort weiter.“
Und schon nach einem Jahr – 1997 - stellte sich der erste große Erfolg
ein. Bei den SEA Games in Indonesien errang Phuttaraksa eine Gold- und
eine Silbermedaille im Einzelrudern. Bei den Asian Games 1998 heimste
sie eine Bronzemedaille ein und im gleichen Jahr war auch der Umzug an
den Mabprachan See in Pattaya. Schlag auf Schlag ging es nun von Erfolg
zu Erfolg: 1999 eine Goldmedaille bei den SEA Games in Brunei (im selben
Jahr wurde sie übrigens auch Offizier bei der Marine); bei den
Olympischen Spielen 2000 in Sydney reichte es zwar nur zum 18. Platz,
aber dies wurde bei den SEA Games 2001 in Malaysia mit zwei
Goldmedaillen im Einzel und Doppel wettgemacht; 2002 zwei
Silbermedaillen bei den Asian Games in Korea im Einzel und Doppel; bei
den SEA Games 2003 in Vietnam einmal Gold im Einzel, einmal Silber im
Doppel; in der offenen Gewichtsklasse der Ruderer bei den Olympischen
Spielen 2004 in Griechenland ein ehrenwerter 19. Platz; und letztendlich
wieder zwei Goldmedaillen bei den 23. SEA Games auf den Philippinen im
Dezember letzten Jahres (das Training dafür fand übrigens in
Kananchaburi statt, da ja der Mabprachan See kein Wasser führte).
Auf das ungläubige Staunen antwortet Phuttaraksa: „Das sind die
Wettbewerbe, auf die ich besonders stolz bin. Natürlich habe ich
zwischendurch bei vielen nationalen und internationalen Wettbewerben
teilgenommen. Zum Beispiel beim Worldcup, der jedes Jahr in drei
Ausscheidungen stattfindet. Wie viele Medaillen ich da gewonnen habe?
Ich weiß es nicht mehr, ich habe aufgehört zu zählen.“
Fest steht, dass Phuttaraksa eine Unzahl von Auszeichnungen erhalten
hat, unter anderem einen Pokal des Königs als beste Sportlerin des
Jahres 2005.
Phuttaraksas Haus am Mabprachan See ist nun das Heim der nationalen
Rudermannschaft Thailands. Sie trainiert dort sechs Mädchen und vier
Jungen im Alter von 14 bis 18 Jahren. Jeden Tag wird hart trainiert,
morgens und abends jeweils zwei Stunden Rudern, auch anderes Training
wie Laufen steht auf dem Programm.
Hat sie eigentlich noch andere Hobbys als das Sammeln von Medaillen? Ja,
sie sammelt leere Bierbüchsen. Aus jedem Land, das sie besucht, bringt
sie einige mit, die ihr besonders gefallen. Diese Büchsen füllen
inzwischen einen ganzen Schrank, was wohl bei dieser Reisetätigkeit
nicht weiter verwunderlich ist.
Welche Pläne hat die unverheiratete Phuttaraksa? „Im Dezember sind in
Katar die nächsten Asian Games....“