Die deutschen Wurzeln der englischen Sprache
Talea de Freese
London (IMH) Wenn Briten oder Amerikaner Deutsch lernen, bemerken sie meist
schnell, dass ihre Muttersprache sehr mit dem Deutschen verwandt ist und davon
direkt abstammt.
Im fünften Jahrhundert nach Christus wanderten die Stämme der Angeln und Sachsen
aus dem heutigen Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf die britische Insel.
Auch heute noch gibt es die Region Angeln in Schleswig-Holstein. Die Vorfahren
der heutigen Angeln hatten für die Auswanderung verschiedene Gründe. Zum einen
gab es im dritten und vierten Jahrhundert n. Chr. in ihrer Heimat oft Kriege,
zum anderen wurde die Lebensgrundlage der Angeln, die vor allem von der
Landwirtschaft lebten, von klimatischen Veränderungen bedroht.
Die Briten, die nach dem Abzug der römischen Heere ohne Schutz vor den
kriegerischen Kelten waren, baten die Angeln und Sachsen, als Schutztruppen nach
Britannien zu kommen. Die germanischen Söldner ließen sich hier bald nieder und
vermischten sich, was zu dem Begriff der Angelsachsen führte. Die Kelten wurden
in die äußeren Teile des Landes, nach Wales, Schottland und Cornwall, verdrängt.
Die Angeln und Sachsen teilten das eingenommene Land nach und nach in kleine
Königreiche auf, die später zu einem wurden. Ihnen gelang innerhalb eines
Zeitraums von weniger als 300 Jahren, woran die Römer vor ihnen gescheitert
waren: Es fand ein Sprachwechsel vom Keltischen zum Angelsächsischen bzw.
Plattdeutschen statt. Ein anderes Wort für Angelsächsisch ist englisch, heute
englisch. So bekam das Land den Namen England.
Ein Grund für die Dominanz der angelsächsischen oder plattdeutschen Sprache
könnte sein, dass die Germanen über einen längeren Zeitraum die Insel
besiedelten, das Land selbst bestellten und sich endgültig niederließen.
Auch wenn sich im Laufe der Zeit die englische Sprache immer wieder veränderte
und auch durch die Wikinger und Franzosen beeinflusst wurde, finden sich noch
heute viele tausend Wörter aus dem Angelsächsischen im modernen Englisch wieder.
Diese Wörter weisen erstaunliche Ähnlichkeit mit dem heutigen Plattdeutsch auf.
Beispiele sind Messer (englisch = knife, plattdeutsch = Kniv), Fuß (englisch und
plattdeutsch = foot), Wasser (englisch und plattdeutsch = water) oder
Sonnenschein (englisch = sunshine, plattdeutsch = Sünnschien), aber auch Zahlen
(zehn: englisch = ten, plattdeutsch = tein) oder Pronomen (er: englisch und
plattdeutsch = he).
Sogar die deutsche Mehrzahl auf -en wurde bei vielen Wörtern beibehalten, wie
bei ox, oxen (Ochse, Ochsen), child, children (Kind, Kinder) oder man, men
(Mann, Männer).
Selbst in Bestsellern wie JRR Tolkiens „Herr der Ringe“ lebt die angelsächsische
Sprache noch. So lässt der deutschstämmige Tolkien, Professor der
angelsächsischen Sprache, im Roman das Volk der Rohan einen angelsächsischen
Dialekt des fünften Jahrhunderts sprechen.
Auch in den englischen Wochentagen lässt sich erkennen, dass noch heute die
germanischen Ursprünge aus der Sprache nicht wegzudenken sind. So stammt der
Tuesday vom germanischen Gott Tiu (Tyr), der Wednesday (Mittwoch) von Wotan und
der Thursday (Donnerstag) wie bei uns von Donar (Thor), dem Gott des Donners.