Geschichtliche Streiflichter

Jim Thompson – der Mann hinter der Thai-Seide

Teil 1: Der Hintergrund (1906-1946)

Duncan Stearn
Als der 61-jährige Auslandsamerikaner Jim Thompson während eines Kurzurlaubs im malaysischen Cameron-Hochland über das Osterwochenende 1967 verschwand, dauerte es nicht lange, bis die Gerüchteküche über sein Schicksal brodelte. Einige Gerüchte waren haarsträubend, andere mehr glaubhaft.
Zur Zeit seines Verschwindens lebte Thompson bereits fast 22 Jahre in Thailand und hat praktisch die Kunst der Seidenherstellung einer stagnierenden Dorfindustrie zu einem Exportschlager gemacht.
Zu dieser Zeit wurde Thompson zum berühmtesten in Thailand lebenden und arbeitenden Ausländer. Mit seinem Verschwinden wurde er zur Legende; das Geheimnis blieb bis heute ungelöst.
James Harrison Wilson Thompson wurde am 21. März 1906 in Greeneville, Delaware (USA), als jüngstes von fünf Kindern geboren. Er stammte aus einer wohlhabenden und einflussreichen Familie. Sein Großvater mütterlichseits war General James Wilson, ein erfolgreicher Kavalleriekommandant des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) und Vertrauter von General Ulysses S. Grant, des späteren Präsidenten. Thompsons Vater Henry war Präsident der United States Finishing Company und ein angesehener Amateurarchitekt.
Thompson graduierte 1928 von der Princeton Universität und studierte Architektur an der Pennsylvania Universität. Aber aufgrund mangelndem Kalkulationsvermögen bestand er diesen Lehrgang nicht. Aber er arbeitete trotzdem ab 1931 als Architekt in New York.
Als begehrter Junggeselle Thompson war er Stammgast in Partykreisen. Aber 1940 wurde er der frivolen Natur seiner Lebensführung überdrüssig und gab seine Arbeit auf. Er ging als Gefreiter zum Delaware Nationalen Garderegiment und wechselte seinen politischen Standort von republikanisch zu demokratisch.
Als der Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Japan ausbrach, wurde er als Offizier bei einer Küstenartillerie bestellt, die in Nordcarolina stationiert war. Es sah für ihn nach einem ruhigen Krieg aus. Aber ein Jahr später machte er die Bekanntschaft von Kapitän Edwin Black. Dieser war Mitglied des erst kürzlich gegründeten Office of Strategic Services (OSS), einem Vorläufer der Central Intelligence Agency (CIA). Black ermutigte ihn, sich bei der OSS zu bewerben.