Ein Nachruf auf die Fussball-WM
Franz Schmid
Um wie viel leichter es doch ist, ein guter Gewinner zu sein als ein
guter Verlierer. Und wie leicht sich doch so etwas sagt, als Gewinner.
Doch diesmal war Deutschland nicht der Gewinner, aber ein hervorragender
Gastgeber.
Deutschland verabschiedete sich gebührend von seinen Gästen, von denen
einige nach ihrer Rückkehr zuhause nichts Gutes erwartet. Deutschland
aber wird, als guter Gastgeber, ihrer gedenken und Erinnerungsbilder im
Herzen speichern, für immer! Hier einige Reminiszenzen:
Togo zum Beispiel sollte sein klassisch psychologisches
Nähe-Distanz-Problem zum Trainer vielleicht mit einem Psychiater
bereden. Und dringend den Punkt in den Verträgen streichen, der es einem
Trainer erlaubt, die Mannschaft zwei Tage vor einem WM-Spiel zu
verlassen.
Liebe Iraner, lieber Trainer Ivankovic, lasst es uns bitte wissen, dass
ihr gut angekommen seid.
Auch den USA sagt Deutschland Tschüs. Schade, dass ihr so früh
ausgeschieden seid, aber wie wunderbar, dass es den Fußball gibt! Und
alle erinnern sich an das wunderbare Spiel, bei dem Ghana eine Weltmacht
besiegte! Das ist Balsam für die hin und wieder mit Antiamerikanismus
getränkte deutsche Seele.
Bei Serbien-Montenegro heißt es wohl: Lebt wohl für immer! Aber es war
schön, dass ihr so kurz vor eurem Ende das einmalige Glück erfahren
durftet, als Doppelnation bei einer WM mitzuspielen!
Sayonara, liebe Japaner. Macht euch keine Sorgen wegen der WM, ihr seid
noch immer Weltmeister in der Herstellung von Unterhaltungselektronik
und Computern. Ihr Costa Ricaner, wir haben gehört, ihr wurdet bei eurer
Ankunft mit Schildern „Kaffeepflücker gesucht“ empfangen.
Auch die Schweden und die mit Hörnern geschmückten Fans in München,
werden die Niederlage gegen Deutschland nicht so schnell vergessen, aber
sie haben es wie Männer, wie Wikinger eben getragen.
Als die Holländer gehen mussten, die übrigens tolle Spiele geliefert
hatten, war diese junge Mannschaft zutiefst am Boden zerstört. Aber sie
wird sich aufrappeln!
Brasilien, Mexiko und Argentinien waren alle nicht in ihrer besten Form,
aber manchmal flackerte noch eine Spur des südamerikanischen
Dribbling-Feuers auf. Der abgemagerte Maradona aber war zutiefst
enttäuscht.
Auch Spanien, das bei einigen als Geheimfavorit galt, erfüllte nicht die
Erwartungen. Portugal dagegen hat sich gut geschlagen und nur im
Halbfinale gegen Frankreich verloren.
Gute Mannschaften kommen sicher in der Zukunft aus Afrika. Die
dunkelhäutigen Athleten lieferten tolle Kämpfe. Man merkte, dass es
nicht an Talent, sondern am Geldmangel lag, dass sie früh ausschieden.
Im selben Halbfinale in dem Deutschland gegen Italien verlor.
Enttäuschung im Lande, aber es war ein gutes Spiel! Nur einer kann
gewinnen, die Italiener waren die Besseren! Die Niederlage wurde von den
Fans mit Humor und Witz getragen. Das Land versank nicht in Trauer, im
Gegenteil: Es tat der guten Laune keinen Abbruch. Viele sagen, sie
hätten noch nie so viele faire Spiele und vor allem so viele deutsche
Flaggen (endlich zeigte man Farbe und bekannte sich zum Deutschtum) bei
einer WM gesehen. Aber auch viele haben sicherlich noch nie eine so gute
Stimmung bei einer Weltmeisterschaft erlebt. Es gab kaum Zwischenfälle,
die üblichen Schlägereien zwischen Betrunkenen hielten sich in Grenzen.
Abgesehen vom Endspiel zwischen Italien und Frankreich. Da kam es zu
einem Vorfall, der uns allen, besonders aber Frankreichs Star Zidane bei
seinem letzten Spiel, hätte erspart bleiben müssen. Aber Weltmeister
Italien ist trotzdem ein würdiger Sieger! Und den Deutschen bleibt der
Trost, dass sie eben nur gegen den zukünftigen Weltmeister verloren
haben.
Es war wirklich eine Weltmeisterschaft der guten Laune! Manche haben die
Stimmung mit der Euphorie nach der Wiedervereinigung verglichen. Aber
danach kam bekanntlich der Katzenjammer. Wie es aussieht, bleibt dieser
uns erspart, denn Deutschlands Bild in der Weltöffentlichkeit hat sich
mit dieser WM geändert. Deutschland ist das Land der Fröhlichkeit
geworden.
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