Elfi Seitz
Am 15. Januar machten sich einige Mitglieder vom deutschsprachigen
Frauenclub „Plauderstunde“ auf, um mit dem thailändischen Priester Sanay
Srisa-ard von der „Pattaya Full Gospel Kirche“ in einen der vielen Slums
innerhalb Pattayas zu fahren.
Die
beiden kleinen Mädchen, deren Mutter Selbstmord beging.
Ich war schon einmal mit dem Pastor und Bernie Tuppins, dem Vorsitzenden der
Wohlfahrtsabteilung des Pattaya Sports Club, die sich unermüdlich darum
bemühen, die Ärmsten der Armen zu unterstützen, in zwei Slums gewesen. Die
Zustände dort haben mich so erschüttert, dass ich mir vornahm, diesen armen,
vom Glück und der Regierung verlassenen Menschen Hilfestellung zu geben.
Bernie, unser Freund, wartete zwar am vereinbarten Treffpunkt auf uns,
konnte aber diesmal leider nicht mitkommen. Er was ziemlich blessiert, da er
gerade einen Motorradunfall gehabt hatte und dringend zu einem Arzt musste.
Der Slum, den wir diesmal besuchten, befindet sich in Pattays Norden,
verborgen hinter einem aufgelassenen, alten chinesischen Friedhof. An die
einhundert Familien leben dort unter den ärmlichsten Bedingungen. In selbst
gebauten Hütten aus altem Blech und Kartons, mit einigen alten Ziegelsteinen
aufgepeppt, hausen dort Jung und Alt, Gesund und Krank zusammen. Gleich zu
Anfang fiel uns der beißende Gestank auf, der aus manchen Hütten strömte,
ein Gestank der Krankheiten und der Armut.
Ein
Mann kann sich nur auf dem Boden fortbewegen.
Obwohl es offiziell heißt, dass Lepra in Thailand ausgestorben ist, hausen
in diesem Slum einige Leprakranke. Fehlende Nasen, Finger und Füße sowie
Geschwüre sind ein Beweis dafür. Und es gibt viele an Aids oder HIV
Erkrankte dort. In ihrer Mitte spielen Kinder im Staub und Dreck – denn sie
haben meist nichts anderes zum Spielen. In ihren Augen spiegelt bereits
dieselbe Hoffnungslosigkeit, die man auch in den Augen der Erwachsenen
findet.
Viele der Menschen arbeiten als Lumpensammler oder als Straßenhändler und
bieten Waren an, mit denen sie ihr kärgliches Brot verdienen. Manche mögen
vielleicht einwenden, dass diese Menschen doch sicher auch andere Arbeit
bekommen würden. Aber, würden sie das wirklich? Die Angst vor Aids ist immer
noch groß in unserer Gesellschaft und man sieht auf Äußerlichkeiten, wenn
sich jemand auf Jobsuche vorstellt. Diese Menschen haben oft keine
Schulbildung, haben niemanden, der ihnen sagt, was sie zu tun oder zu lassen
haben und ihr Leben wird beherrscht vom Willen zu überleben. Irgendwie eben.
Die Kinder wachsen bereits in jungen Jahren in dieses Leben hinein. Es gibt
viele Teenagermütter, die mit 14 bereits ihr zweites Kind erwarten oder
bereits haben. Wo bleiben hier die sonst so strengen Gesetze?
Monika Podleska, ihre Freundin Mona und ich hatten Kleidung mitgebracht,
Kuchen und andere Süßigkeiten, Hand- und Betttücher. Die zwei großen Kartons
mit Kleidung und den anderen Dingen waren in Windeseile ausgeräumt und die
Augen dieser Menschen, die etwas bekommen hatten, leuchteten endlich einmal
auf. Was ihnen aber wohl am meisten Freude machte, war die Beachtung, die
sie endlich einmal bekamen. Die Art, wie sie von uns als Menschen behandelt
wurden und nicht als Abschaum.
Der Pastor hatte wie immer Lebensmittel mitgebracht, die von allen Bewohnern
streng genau aufgeteilt wurden. Denn in der größten Armut hilft man
einander.
Der Pastor hatte diesmal auch Besuch mitgebracht. Junge Menschen aus der
ganzen Welt, die etwas Gutes tun wollen und auf ihren Reisen den armen
Menschen helfen und ihnen das Wort Gottes bringen wollen.
Pastor Sanay sagte uns, dass diesmal nicht gar so viele Leute anwesend
seien, da zwei ihrer Mitbewohner gerade heute an Aids gestorben waren und
sie in einen Tempel gebracht wurden.
Was uns alle aber am meisten erschütterte, war die Geschichte von zwei
kleinen Mädchen, deren 29-jährige Mutter am Morgen unseres Besuchtages
Selbstmord begangen hatte, indem sie sich erhängt hatte. Sie hatte das Leben
in dieser großen Armut nicht mehr ertragen können. Ihre kleinen Töchter
hatten sie gefunden.
Schnell sammelten wir alle Geld, um wenigstens einen Teil der nicht
unerheblichen Bestattungskosten übernehmen zu helfen. Und wieder sagte die
Dankbarkeit in den Augen der Kinder und der Großmutter, bei der sie jetzt
wohnen werden, alles aus.
Die Frage aber stellt sich nun: Was wird einmal aus diesen kleinen Mädchen
werden? Und aus den vielen anderen kleinen Kindern, die unter solchen
Umständen aufwachsen müssen? Ich denke es ist an der Zeit, dass auf diesem
Gebiet endlich etwas unternommen wird.
Ein Gemeinschaftsphoto mit
einigen Slumbewohnern.