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Hört jemand mit?
Franz Schmid
Die thailändische Regierung hat laut Medienberichten gegen private und
staatliche Telefongesellschaften schwere Vorwürfe erhoben. Die
Telefongesellschaften wurden davor gewarnt, die Gespräche ihrer Kunden
abzuhören. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, würden die
Gesellschaften ihre Lizenzen verlieren.
General Bonthi Boonyaratkalin alarmierte das Komitee zur Untersuchung
von Vermögen, dass Telefongespräche durch Mitglieder der vormaligen
Regierung, die unter Korruptionsverdacht stehen, aufgezeichnet wurden.
Der Vorsitzende dieses Untersuchungsausschusses sagte, er habe den
Verdacht, seine Gespräche auf dem Handy seien seit sechs Jahren abgehört
worden.
Das Ministerium für Informations- und Kommunikationstechnologie hat
daraufhin eine Untersuchung eingeleitet, bei der nach technischen
Ausrüstungen gefahndet wird, die es den Telefongesellschaften
ermöglichen, die Gespräche ihrer Kunden abzuhören und aufzuzeichnen. Das
Ministerium machte darauf aufmerksam, dass der Besitz und der Betrieb
solcher Geräte gesetzwidrig sind. Informierte Kreise behaupten, sowohl
die staatliche CAT als auch eine private Telefongesellschaft hätten
entsprechende Ausrüstungen.
Das Ministerium gab weiterhin bekannt, es habe die thailändischen
Geschäftsführer der Telefongesellschaft AIS aufgefordert, dem
Ministerium zu berichten, ob sie von ihren ausländischen Vorgesetzten
die Anweisung erhalten hätten, Dinge zu tun, die die nationale
Sicherheit gefährden. Die AIS wurde vom vormaligen gestürzten
Premierminister gegründet und war das Flaggschiff seines Konzerns. Wenn
die Verantwortlichen dazu nicht Stellung nehmen, würde dies als
Landesverrat angesehen werden, hieß es.
Das Abhören von Telefongesprächen ohne richterliche Anordnung ist in
Thailand strafbar. Sollten sich diese Vorwürfe bewahrheiten, hätte dies
schlimme Folgen für die Gesellschaft insgesamt. Denn dann wäre sich
niemand mehr sicher, ob nicht auch seine Gespräche abgehört und
aufgezeichnet wurden, und zwar ohne jede rechtliche Grundlage. Die
Technologie ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass praktisch jedes
Telefongespräch abgehört werden kann, vielleicht nach einem
Zufallssystem. Wenn selbsternannte Ermittler, die sicherlich nur ihre
ureigenen Interessen damit verfolgen, dies tun, stünde der Erpressung
und dem üblen Nachruf Tor und Tür offen. Es hieß auch, dass hier
insgeheim ein Überwachungsstaat aufgebaut wurde. Gerade die Aufzeichnung
von Privatgesprächen ist besonders kritisch. Jedermann weiß, dass einem
dabei oft Worte und Bemerkungen entschlüpfen können, die man so
vielleicht nicht gemeint hat und später bereut. Aber nach einer
Aufzeichnung wäre der faktische Beweis da.
Der neuen Regierung ist zugute zu halten, dass sie den Finger auf diese
Wunde gelegt hat. Die Verdachtsmomente sollten ohne Rücksicht auf
Ansehen der Person gründlich untersucht werden. Eine Gesellschaft nach
dem Muster des „Großen Bruders“ in George Orwells Roman „1984“ muss
verhindert werden. Die Privatsphäre ist und bleibt unantastbar, denn
ohne sie ist ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft undenkbar.
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