Immer weniger Deutsche

Franz Schmid

Neueste statistische Untersuchungen haben in Deutschland die Öffentlichkeit alarmiert. Seit 30 Jahren leidet das Land unter einem ständigen Bevölkerungsrückgang. Dieser Trend wird auch in den nächsten fünfzig Jahren anhalten. Auch bei steigender Zuwanderung aus dem Ausland ist dieser Trend nicht aufzuhalten. Es sterben mehr Menschen als Kinder zur Welt kommen. Der Anteil von Frauen, die ihr Leben lang kinderlos bleiben, wächst unaufhörlich. Im Frauenjahrgang 1955 waren 20 Prozent zeitlebens kinderlos, während es im Frauenjahrgang 1940 nur etwa zehn Prozent waren. Hält diese Entwicklung an, könnte der Anteil kinderloser Frauen leicht auf 40 Prozent steigen.
In den nächsten Jahrzehnten wird daher sich das Verhältnis zwischen alten und jungen Menschen deutlich verschieben. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass im Jahre 2050 die Hälfte der Einwohner über 48 Jahre ist. Ein Drittel der Bevölkerung wird 60 Jahre oder älter sein. Zurzeit beträgt die jährliche Geburtenzahl etwa 730.000. Diese wird im Jahr 2050 auf 560.000 sinken. Die geringe Geburtenzahl kann die Zahl der jährlichen Todesfälle bei weitem nicht mehr auffangen. Die Statistiker sprechen hier von einem „Geburtendefizit“.
Auf die wirtschaftliche Entwicklung hat diese Tatsache dramatische Auswirkungen. Das deutsche Rentensystem beruht auf einem Konsens, der davon ausgeht, dass aus den Rentenbeiträgen der arbeitenden Generation die Altersversorgung der Rentner und Pensionäre finanziert wird. Das ist aber bei dem oben beschriebenen Szenario nicht möglich. Die Sozialpolitik ist bereits am Umdenken. Die arbeitende Bevölkerung soll sich auch privat absichern, da die Rentenkassen vielleicht nur noch eine Grundrente zahlen können. Altersarmut in weiten Teilen der Bevölkerung ist damit vorprogrammiert, denn nur die Wenigsten können sich üppige Zusatzversicherungen leisten.
Nach einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung sind die meisten Bundesländer auf diesen demographischen Wandel schlecht vorbereitet. Zwar schrumpfe die Bevölkerung nur in Ostdeutschland, aber in allen Ländern steige das Durchschnittsalter. Konsequenz dieser Alterung sei der Rückgang der Aktivenquote, also des Anteils der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung.
Auch die Bildungspolitik hat auf das Niveau der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte einen erheblichen Einfluss. So sei der Anteil der Schulabgänger mit einem Abschluss der Sekundarstufe II zurückgegangen, auch der Anteil Jugendlicher ohne Schulabschluss bleibe auf hohem Niveau. Mit anderen Worten: Immer weniger qualifizierte Arbeitskräfte drängen auf den Arbeitsmarkt.
Um sich diesem Trend entgegen zu stemmen, gibt es wohl nur eine Möglichkeit. Die Familie muss stärker gefördert werden. Es muss den Frauen ermöglicht werden, ihre Kinder unter wirtschaftlich vernünftigen Bedingungen aufzuziehen. Der Anreiz zu mehr Kindern kann mit materiellen Zuwendungen zwar verstärkt werden, aber vielmehr ist gesellschaftliches Umdenken gefragt. Die Familie muss als kleinste Zelle des Staats viel mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Dies haben einige Nachbarländer Deutschlands schon seit langem getan. Es wird Zeit, dass die Politik diesen guten Beispielen folgt.