Kaution – und was dann?

Franz Schmid

Der thailändischen Polizei ist relativ schnell die Verhaftung des mutmaßlichen Mörders der beiden russischen Touristinnen gelungen. Der Fall hatte internationales Aufsehen erregt und mit Sicherheit war auch der politische Druck aus Moskau da, Ergebnisse zu produzieren.
Der mutmaßliche Mörder, der 24-jährige Anuchit Lamlert, war bereits bei der Polizei als Straftäter bekannt. Er hatte am 27. Januar koreanische Touristen ausgeraubt, wurde allerdings auf Kaution freigesetzt. Wie sein gesamtes Strafregister aussieht, ist nicht bekannt. Zu vermuten ist, dass ein kaltblütiger Mensch wie Anuchit, der ohne mit der Wimper zu zucken, zwei Frauen zu gleicher Zeit ermordet hat, seiner Karriere als Krimineller bereits seit einiger Zeit nachgeht. Dieser Fall hat auch wieder den Sinn oder Unsinn von Kautionen in den Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen gerückt.
Auch in Deutschland sind Kautionen möglich, wenn auch nicht in einem Ausmaß, wie es in Thailand üblich ist. In Deutschland kann ein Strafverdächtiger nach §§ 116, 116a StPO durch Hinterlegung einer Kaution aus dem Gewahrsam bis zur Gerichtsverhandlung entlassen werden. In der überwiegenden Zahl handelt es sich um geringere Verkehrsdelikte. Doch immer hat ein Gericht im Einzelfall je nach Anklagepunkten zu entscheiden. In Thailand ist die Freilassung auf Kaution übliche Praxis, auch bei Verbrechen wie Raub, ist jedoch für einige Verbrechen durch die Gesetzgebung ausgeschlossen.
Im Falle des Anuchit tun sich aber berechtigte Fragen auf. Der Chef der Nationalen Polizei Thailands, Seripisuth Temiyavej, hat aus seiner Sicht dazu Anstoß gegeben. Er bezweifelt einfach, ob diese Tat wirklich von einem „Kleinkriminellen“ begangen wurde, der einfach am Strand zwei Touristinnen um ein paar Baht erleichtern wollte. Denn was gibt es da schon zu stehlen? Ein bisschen Kleingeld und ein Handy vielleicht. Der Polizeichef vermutet eine gezielte Tat durch eine organisierte Bande, vielleicht einen Auftragsmord.
Dass es in Pattaya organisierte Banden gibt, ist ein offenes Geheimnis. Leider hat es die Polizeiführung niemals geschafft, diesem Unwesen ein Ende zu bereiten. Selten wird bei der Verhaftung nachgeforscht, ob der Verhaftete einer Bande angehört. Auch über die Festnahme ganzer Banden wird kaum, eigentlich gar nicht berichtet.
Es stellt sich auch die Frage, wer im Einzelfall eine Kaution stellt. Möglicherweise gibt es Hintermänner, die das dazu nötige Kapital haben. Der Fall Anuchit sollte für die Polizei endlich Anlass ein, sich mit dem Thema intensiv zu beschäftigen. Die Hinterlegung einer Kaution scheint auf das Verhalten mancher Krimineller keine Wirkung zu erzielen, wie man jetzt deutlich sehen kann. Die Praxis der Kautionshinterlegung muss geändert werden, damit man sicher geht, dass von den auf freien Fuß gesetzten Verdächtigen keine weitere Bedrohung der Öffentlichkeit zu erwarten ist.