Thailand muss zur Normalität zurückfinden

Franz Schmid

Sechs Monate nach dem Putsch gegen die Regierung Thaksin kann die von den Militärs eingesetzte Zivilregierung keine erfolgreiche Bilanz zielen. Es scheint sogar, dass sich inzwischen mehr Probleme angesammelt haben, mit deren Lösung sich die Regierung schwer tut.
Der Ausschuss, der die Vermögensverhältnisse des gestürzten Ministerpräsidenten und seiner Familie untersuchen sollte, kommt nicht weiter. Er hat dafür die Öffentlichkeit um Verständnis gebeten, dass diese so lange auf einen abschließenden Bericht warten muss. Die Lage in den drei südlichen Provinzen, deren Bewohner in der Mehrzahl Moslems sind, hat sich nicht beruhigt, eher verschlechtert. Die neue Gesetzgebung für ausländischen Besitz in Thailand hat Investoren und Privatleute verunsichert. Der starke Baht macht der Außenhandelswirtschaft zu schaffen.
Die Öffentlichkeit – und auch das Ausland – erwarten mit Recht, dass Thailand wieder zur Normalität zurückkehrt. Aber dafür gibt es zurzeit keine Anzeichen.
Beim Putsch wurde die Verfassung von 1997 außer Kraft gesetzt. Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist es vielleicht, dass Putschgeneral Sonthi Boonyarataklin in Aussicht gestellt hat, einen neuen Verfassungsentwurf früher als geplant vorlegen zu können. Sollte dies gelingen, würde dies zumindest in einigen Bereichen mehr Vertrauen schaffen.
Die eine Sache ist, eine Verfassung zu entwerfen, aber eine Verfassung mit Leben zu erfüllen, ist eine andere Sache. Die Militärs halten weiterhin an ihrem Versprechen fest, im Herbst allgemeine Neuwahlen durchzuführen. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Die Vorbereitung von Wahlen ist nicht nur zeitaufwändig, sondern setzt auch ein politisches Klima voraus, in dem es möglich ist, Kandidaten in den einzelnen Wahlkreisen aufzustellen. Schwierig werden es jene Politiker haben, die aus welchen Gründen auch immer den Putsch kritisierten. Dazu gehören nicht nur Anhänger des gestürzten Ministerpräsidenten.
Der Regierung wird zu langsames Handeln vorgeworfen. Aber angesichts des politischen und wirtschaftlichen Scherbenhaufens, den die Regierung Thaksin hinterlassen hat, ist auch Sorgfalt vonnöten, den Schaden zu begrenzen. Viele Menschen im Land sind ungeduldig, sie erwarten schnelle Ergebnisse, die leider nicht geliefert werden können.
Kann Thailand zur Normalität zurückfinden? Es kann! Voraussetzung ist, dass die neue Verfassung gelingt. Sie sollte in erster Linie die landesweit verbreitete Korruption, das Grundübel einer jeden freien Marktwirtschaft, ächten und mit geeigneten Mitteln endlich zum Stillstand bringen. Ein erster Schritt wäre es, den bei Wahlen üblichen Stimmenkauf zu verhindern. Der Erdrutschsieg von Thaksin im Jahre 2005 wird eben gerade von vielen Beobachtern dem ungezügelten Stimmenkauf zugeschrieben. Weiterhin sollten die Menschen mehr an Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Die Arbeit der dann neu gewählten Regierung sollte durchsichtig sein, und Regierungsmitglieder sollten mit ihrem Amt keine wirtschaftlichen Interessen verbinden. Wenn eine Abkehr von den vergangenen morastigen Gepflogenheiten gelingt, wird Thailand zur Normalität zurückkehren.