Der Kampf ums Überleben

Franz Schmid

Ein Mensch hat einen Unfall oder wird krank. Auch wenn er nicht bei Bewusstsein ist, beginnt ein Kampf ums Überleben, das liegt in der menschlichen Natur. Jeder Mensch will überleben. Auch jene Leute, die mit Krankenwagen an einer Unfallstelle eintreffen und dem Menschen, der verletzt und blutend am Boden liegt, erste Hilfe leisten und einen schnellen sicheren Transport in ein Krankenhaus ermöglichen sollen.
Eine ganz normale Angelegenheit könnte man annehmen. Nicht aber so in Thailand. Erst kürzlich ist es auf Bangkoks Straßen passiert, dass ein Mensch in Nöten war, an Erstickungsanfällen litt und sofort hätte behandelt werden müssen. Was aber taten die so genannten Sanitäter? Sie stritten sich mit anderen Sanitätern herum, die zur gleichen Zeit am gleichen Platz eingetroffen waren, um diesem leidenden Menschen zu helfen. Anstelle aber dies auch sofort zu tun, stritten sie sich darum, wer von ihnen zuerst vor Ort war und wer den Verletzten nun in „sein“ Krankenhaus abtransportieren dürfe. Ja, es ging sogar so weit, dass sich die Sanitäter einen gegenseitigen Schlagabtausch lieferten, während das Opfer des Unfalls, mittlerweile auch ihr Opfer geworden, langsam am Boden liegend sein Leben aushauchte.
Denn als der „Sieger“ aus der Sanitäterschlacht, die von Passanten entsetzt verfolgt wurde, hervorgegangen war, konnte nur noch der Tod des Menschen festgestellt werden. Eine einmalige Angelegenheit, werden Sie nun vielleicht denken. Nein! Nicht in Thailand. Hier werden die Sanitäter von den Hospitälern für jeden eingelieferten Kranken, für jedes Unfallopfer, das sie auflesen, bezahlt.
Und das führt wiederum zur Gier der Leute. Es scheint, als ob die Thailänder in diesen Zeiten nur noch von einem Gedanken beseelt sind: Geld zu machen. Egal wie, nur viel soll es sein. Früher schickten die Leute regelmäßig Geld nachhause, um ihrer Familie ein Überleben zu gewährleisten. Dies hat sich geändert. Auch heute noch schicken die Leute Geld nachhause, in den Isan oder wo sie sonst herstammen, aber es geht nicht mehr so sehr ums Überleben ihrer Familie, sondern vielmehr um deren Gier, mehr und mehr zu bekommen: einen neuen riesigen Fernseher, obwohl es der alte auch noch tun würde, mehr Land, neue Motorräder und vieles mehr.
Auch Drogen spielen eine große Rolle. Die Mädchen oder Jungen, die hier in Pattaya, Chiang Mai oder Phuket oder auch irgendwo anders auf den Strich gehen müssen, werden einer täglichen Mehrbelastung ausgesetzt.
Kein Wunder, dass sie zu Drogen greifen, die immer mehr überhand nehmen, trotz der Versicherungen der Regierungen, dass sie „ausgerottet“ seien.
Dies wieder führt dazu, dass man mehr Geld einnehmen muss, a) um sich die Drogen zu beschaffen, b) um die Familie zu versorgen und c) um auch selbst überleben zu können.
Ein ewiger sich ausweitender Kreislauf! Jeder Mensch hat das Recht mit seinem Leben anzufangen, was er will, aber niemand hat das Recht andere Menschen dadurch leiden zu lassen. Krankenhäuser sollten Angestellte haben, die auch bezahlt werden, wenn sie keinen Kranken „auftreiben“, kein Unfallopfer „auflesen“.