Hohe Erwartungen nach dem Wahlsieg Sarkozys

Franz Schmid

Die Franzosen haben einen neuen Präsidenten gewählt. Der Konservative Nicolas Sarkozy hatte sich mit 53,1 Prozent gegen die Sozialistin Ségolène Royal durchgesetzt. Für viele in Frankreich und darüber hinaus war der Ausgang der Wahl jedoch auch eine Enttäuschung. Aus Frust über seinen Triumph kam es in der Nacht nach den Wahlen in mehreren französischen Städten zu Tumulten. Es gab 270 Festnahmen. Hunderte von Autonomen lieferten sich auf dem Pariser Bastille-Platz eine Straßenschlacht mit der Polizei. Die Sicherheitskräfte mussten Wasserwerfer und Tränengas einsetzen. In ganz Frankreich gingen nach Angaben des Innenministeriums etwa 10.000 Sarkozy-Gegner auf die Straßen. Auch in Lyon, Toulouse, Rennes und Nantes kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Die erste Aufgabe des neuen Präsidenten wird es wohl sein, die politischen Lager wieder mit einander auszusöhnen.
Sarkozy hatte es zwar geschafft, Bürger aus dem rechten Spektrum anzuziehen, doch der Preis dafür war hoch. Zu hoch, meinen viele politische Beobachter. Besonders sein Nein zum EU-Beitritt der Türkei brachte ihm augenscheinlich viele Wählerstimmen ein. Ob er damit der europäischen Idee einen Dienst geleistet hat, ist zweifelhaft. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hoffte in einer Erklärung, dass die EU-Beitrittsverhandlungen Ankaras vom künftigen französischen Staatschef nicht erschwert würden. Sarkozy wird es nicht leicht haben, andere europäische Bündnispartner von seiner Position zu überzeugen.
Der künftige Präsident Nicolas Sarkozy steht auch für ein neues Kapitel im deutsch-französischen Verhältnis. Jacques Chirac, der nach zwölf Jahren Amtszeit den Élysée-Palast verlässt, setzte auf die privilegierte Achse Paris-Berlin. Mit Kanzler Gerhard Schröder hatte er sie mit Leben erfüllt. Angela Merkel versachlichte die Beziehung und wollte vermeiden, dass sich die EU-Partner überrumpelt fühlen. Diese Position teilt auch Nicolas Sarkozy.
Doch ganz ohne Wolken ist der Himmel über der Achse Paris-Berlin nicht: Des künftigen Chefs im Élysée-Palast antideutsche Töne ernteten im Wahlkampf Kopfschütteln. Frankreich brauche angesichts seiner Geschichte nicht erröten, sagte er Ende März, „denn es hat den Völkermord nicht begangen, und es hat die ,Endlösung‘ nicht erfunden.“ Die frühere sozialistische Ministerin Elisabeth Guigou sprach daraufhin von einer „Verneinung der deutsch-französischen Aussöhnung, an der alle Präsidenten seit 50 Jahren gearbeitet haben“.
Sarkozy bringt aber auch neue Ideen zur Lösung der EU-Reformblockade ein: Er will die Institutionen mit einem schlanken Vertrag reformieren, der zwar nicht Verfassung heißen darf, dafür aber auch nur vom Parlament und nicht vom Volk angenommen werden soll. Sein Plan hat drei Schwerpunkte: Die Wahl eines EU-Präsidenten und EU-Außenministers sowie der Abschied von der Pflicht zur Einstimmigkeit in Schlüsselfragen. Diese elitären Grundsätze werden auf breiten Widerstand bei den Menschen in vielen europäischen Ländern stoßen. Gerade die Nichtbeteiligung der Bürger an Entscheidungsprozessen der EU hatte diese Blockade ausgelöst. Die Menschen wollen mehr Beteiligung und nicht weniger.
Hohe Erwartungen werden nach dem Wahlsieg an Sarkozy gestellt, und er wird sich an seinen Taten messen lassen müssen.