Die Betroffenen werden abgespeist

Franz Schmid

In der letzten Woche protestierten 200 Demonstranten gegen den Bau einer Gasspeicher-Anlage, die in ihrem Wohngebiet geplant ist. Der Bau der Anlage hatte in einem als „Grüne Zone“ eingestuften Gebiet begonnen, ohne dass eine Genehmigung von Seiten der Baubehörde vorlag.
Die Demonstranten sorgten sich in erster Linie um die Sicherheit der Anwohner. Schließlich liegen in der Nähe der Anlage auch eine Schule und Verwaltungsgebäude. Die Sorgen sind berechtigt. Wer will schon eine solche Großanlage in seiner Nähe haben? Unglücke durch menschliches oder technisches Versagen sind nie auszuschließen. Eine umso erstaunlichere Wende nahm dann die Diskussion mit Behördenvertretern und Repräsentanten der betroffenen Firma. Dabei haben diese wohl ihre ganze Überredungskunst spielen lassen. Am Ende siegten die wirtschaftlichen Interessen, wie leider so oft. Man kam überein, den Bau der Anlage in Angriff zu nehmen. Die Firma konnte plötzlich sogar eine Baugenehmigung vorweisen. Amtlicherseits wurde dann verkündet, man habe strenge Sicherheitsmaßnahmen erlassen und will nach Abschluss des Baus die Anlage überprüfen. Diese Selbstverständlichkeit wurde den Demonstranten als Zugeständnis zugemutet, anders kann man das nicht sehen.
Dies ist ein typischer Fall, wie er sich immer wieder in Thailand abspielt. Leider ist es so, dass neue Bauvorhaben nicht öffentlich angekündigt werden. Noch weniger wird den Anwohnern das Recht eingeräumt, Bedenken und Beschwerden vor Baubeginn vorzutragen. Einsprüche bei Gericht haben kaum Aussicht auf eine schnelle Abwicklung, die Mühlen der Justiz arbeiten hierzulande bekannterweise sehr, sehr langsam.
Auf den ersten Blick ist es unverständlich, warum Anlagen dieser Art überhaupt in der Nähe von Wohngebieten gebaut werden. Es gibt genügend leere Baugrundstücke in und um Pattaya, die nicht neben Wohnsiedlungen liegen. Zu vermuten ist, dass hier – es geht ja wie immer ums Geld – ausschließlich wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen. Die Firmen wollen natürlich nur in Gegenden bauen, die eine erschlossene Infrastruktur haben. Es ist sehr bequem zu bauen, wenn Straßen, Wasser- und Stromversorgung schon vorhanden sind. Auf den Gedanken, selbst etwas zum Wohl der Gesellschaft beizutragen, kommen die wenigsten von ihnen. Beispielsweise könnten sie ja ihren Beitrag zur Effizienz der Infrastruktur leisten, indem vom Firmengelände Zubringerstraßen zur Hauptstraße gelegt werden. Diese Straßen wären dann privat. Allerdings scheut man augenscheinlich die Kosten für die Instandhaltung, anders ist das nicht zu erklären. Denn ganz besonders in Thailand gilt folgendes Motto: Gewinne werden privatisiert, Verluste und Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt. Irgendwann wird auch diese Demonstration vergessen sein, die Betroffenen sind mit Versprechungen abgespeist worden, die sie nicht überprüfen können. Also, Schwamm drüber!