Das Paradies der Plagiate
Franz Schmid
Die thailändischen Behörden haben einmal wieder zum Kampf gegen den
Vertrieb und die Herstellung von Markenfälschungen aufgerufen.
Untersuchungen hatten ergeben, dass die Fälschung von geschützten
Markenwaren in den letzten Jahren erheblich zunahm. Dagegen wollen die
Behörden nun mit allen zur Verfügung stehenden Mittel vorgehen, wurde
auf einer Schulungsveranstaltung mit 200 Polizisten am 15. Juni in
Pattaya angekündigt.
Nach einer vorsichtigen Schätzung der OECD (Organisation für
Zusammenarbeit und Entwicklung) haben Markenfälschungen einen Anteil von
zwei Prozent am gesamten Welthandel, andere Schätzungen gehen sogar von
neun Prozent aus. Ein Großteil der Fälscherware stammt aus Asien. Mehr
als ein Drittel aller beschlagnahmten Waren kommt aus China; Hongkong
und Thailand sind für jeweils ein Zehntel der Plagiate verantwortlich.
Aus einer Statistik des deutschen Zolls geht hervor, dass knapp ein
Viertel aller beschlagnahmten Fracht- und Postsendungen aus Thailand
stammt.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass vor allem Luxus-, Sport- und
Bekleidungsmarken sowie Musik- und Software-CD/DVD von Produkt- und
Markenpiraterie betroffen sind. Die Wirklichkeit sieht anders aus:
Nachgeahmt wird alles, von Pralinen-Schachteln bis zu Pflanzen und
Saatgut, von Flugzeugteilen bis zu Sonnenbrillen, von Zigaretten bis zu
Arzneimitteln, von AA-Batterien bis zu ganzen Tankstellen.
Thailand ist weltweit als Paradies für den Erwerb von Markenfälschungen
bekannt. Es wird sogar offen im Internet dafür geworben. Auf der
Webseite eines angesehenen deutschen Reiseführers heißt es über ein
Hotel in Chiang Mai: „Das Hotel liegt direkt am Strand und hat eine sehr
schöne Hanglage. Das Hotel liegt am nördlichen ruhigeren Ende von
Chaweng, man geht zum Einkaufen nur ca. 5 Minuten und ist direkt im
Trubel von Chaweng. Es gibt dort alles was man sich denken kann, tolle
Markenfälschungen und viele schöne Schuhe, Taschen, DVDs, CDs usw. ...“
Kein Wunder also, dass es viele Touristen nach Thailand zieht, die sich
hier mit billigen Plagiaten eindecken. Sie sind einfach bei
Straßenhändlern oder sogar in manchen Kaufhäusern zu erwerben. Das
Geschäft blüht und gedeiht. Es hat sich in Thailand sogar eine besondere
Variante der Markenfälschung entwickelt. Produkte, die zum Verwechseln
ähnlich mit Markenwaren sind, werden mit einem neuen „Markennamen“
versehen. Bestes Beispiel sind Markenfälschungen der französischen Firma
Lacoste, sie sind in „Crocodile“ oder andere Phantasienamen umgetauft
worden.
Die Behörden werden allerhand zu tun haben, um diesen Missstand zu
bekämpfen. Die Rechte an geistigem Eigentum sind zwar in Gesetzesform
gegossen, an der Durchsetzung mangelt es aber. Bei Razzien gehen wie bei
anderen Delikten auch nur die kleinen Fische ins Netz. Der Kampf gegen
Markenfälschungen kann nur gelingen, wenn die Hintermänner dingfest
gemacht werden können. Aber dies scheint zurzeit mehr als aussichtslos.
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